Mit dem Pflegestärkungsgesetz II beauftragte der Gesetzgeber die Pflegeselbstverwaltung, ein wissenschaftlich fundiertes Verfahren zur bundesweit einheitlichen Personalbemessung in Pflegeeinrichtungen entwickeln und erproben zu lassen. Bis zum 30. Juni 2020 wird die Universität Bremen unter Leitung von Prof. Dr. Heinz Rothgang das Vorhaben abschließen. Aktuell liegt der 2. Zwischenbericht für das neu entwickelte Personalbemessungsinstrument in der stationären Langzeitpflege vor. Heute haben der GKV-Spitzenverband, der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa) und die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e.V. (BAGFW), den Zwischenbericht eingeordnet und anstehende Schritte erläutert.
Beschattungsmethode in Pflegeheimen und Tageseinrichtungen angewandt
Von April bis Oktober 2018 wurde die wissenschaftliche Erhebung mit der ‚Beschattungsmethode‘ durchgeführt. Insgesamt wurden Daten von 1.380 Pflegebedürftigen in vollstationären Einrichtungen erhoben, sowie Daten von 163 Tagespflegegästen in teilstationärer Betreuung. 241 speziell geschulte Pflegefachpersonen „beschatteten“ in einer eins-zu-eins-Zuordnung das Pflegepersonal in den Pflegeheimen.
Erstmals bundesweit ein einheitliches Personalbemessungsinstrument
Gegenwärtig kommt es zu bundesweit unterschiedlichen Personalschlüsseln, die in den Rahmenverträgen landesspezifisch festgelegt werden. „Mit dem vorliegenden Entwurf haben wir erstmals ein mögliches Personalbemessungsinstrument vorliegen, um den Bedarf an Fach- und Assistenzpflegekräften in einzelnen Pflegeheimen zu bemessen. Und das nach bundeseinheitlichen Maßstäben und auf die jeweilige Bewohner-Struktur zugeschnitten. Das ist ein großer Fortschritt, um den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff in den einzelnen Einrichtungen weiter umzusetzen“, so Gernot Kiefer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes.
Landessozialministerien sind am Zug
Nach Bernd Meurer, Präsident des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa), zeigt die Studie, welche personellen Rahmenbedingungen hilfreich sind, damit bei einer absehbar steigenden Zahl pflegebedürftiger Menschen möglichst vielen ein verlässliches professionelles Angebot gemacht werden kann. Meurer: „Jetzt sind die Landessozialministerien am Zug, die eine verlässliche wissenschaftliche Grundlage bekommen, um erste Schritte zur Weiterentwicklung einer starren Fachkraftquote zu gehen, die bei insgesamt steigender Personalausstattung zu einem an Pflegegraden ausgerichteten Verhältnis von Fachkräften zu Assistenzkräften führen. Die Tendenz ist einfach: Je höher der Pflegegrad, desto umfangreicher sind auch die Anforderungen an die Qualifikation.“
Gleichwertigere Lebensbedingungen für Pflegebedürftige in Pflegeheimen möglich
Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland: „Endlich können wir sagen, welcher Personaleinsatz in stationären Pflegeeinrichtungen notwendig ist, um gleichwertigere Pflege- und Lebensbedingungen für Pflegebedürftige zu schaffen. Im Instrument stecken Vorschläge, um dem Personalmangel mit einer anderen Aufteilung der Aufgaben und mehr Fachlichkeit für alle Beteiligten zu begegnen. Die notwendige Umsetzung ist nun auch von konkreten Schritten und Erfolgen in anderen Bereichen abhängig. Dazu sind weitere Maßnahmen der Konzertierten Aktion Pflege umzusetzen, die zur konsequenten Entlastung der Pflegekräfte führen sowie durch eine Reform der Pflegeversicherung die Eigenanteile für die Pflegebedürftigen begrenzt werden.“
Am 30. Juni 2020 wird die Entwicklung abgeschlossen sein und der Abschlussbericht vorliegen. Die Universität Bremen schlägt eine modellhafte Einführung des neuen Verfahrens in einer zunächst begrenzten Zahl von stationären Einrichtungen vor. Für weitere Schritte sind gesetzliche Regelungen notwendig. Mit der Einführung des neuen Personalbemessungsinstruments wird ein bedarfsgerechter Personaleinsatz gefördert und unterstützt. Die Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte können nachhaltig verbessert werden, wodurch die Attraktivität des Pflegeberufes weiter steigt. Davon profitieren Pflegekräfte und Pflegebedürftige gleichermaßen.