Pflegepersonaluntergrenzen

Krankenpflegerin mit Patientin am Bett

Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung der epidemiologischen Überwachung übertragbarer Krankheiten im Juli 2017 erhielten der GKV-Spitzenverband und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) den Auftrag, erstmals bis zum 30.06.2018 Pflegepersonaluntergrenzen für pflegesensitive Bereiche in Krankenhäusern festzulegen (§ 137i SGB V). An der Ausarbeitung und Festlegung sind der Deutsche Pflegerat (DPR), Vertreter der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände, Patientenvertreter sowie wissenschaftliche Fachgesellschaften (AWMF) qualifiziert zu beteiligen. Über die Festlegung von Pflegepersonaluntergrenzen hinaus sind weitere Vereinbarungen, u. a. zu Nachweis- und Vergütungsregelungen, zu treffen.

Der Fokus der ersten Verhandlungsrunden mit der DKG und allen beteiligten Organisationen lag auf den Fragen, wie pflegesensitive Bereiche identifiziert und belastbare Daten zur Pflegepersonalausstattung sowie zum Pflegebedarf erhoben werden können. Zwar zeigten sich bei diesen zentralen Themen erhebliche inhaltliche Differenzen zwischen dem GKV-Spitzenverband und der DKG, dennoch konnte ein gemeinsamer Zeit- und Arbeitsplan entwickelt und dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) am 12.09.2017 vorgelegt werden. Größtes Problem in der Umsetzung des gesetzlichen Auftrags war die weitgehend fehlende Datengrundlage zur Pflegepersonalausstattung im Verhältnis zu den auf den jeweiligen Stationen liegenden Patienten mit ihren unterschiedlichen Pflegebedarfen. Wesentliche Verbesserungen der Datengrundlage wurden durch die Studie „Pflegepersonalausstattung und Pflegelast in pflegesensitiven Bereichen in Krankenhäusern“ erreicht, die als Basis für die Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung 2019 dient.

Mit dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG) vom 11.12.2018 wurde auch die Weiterentwicklung von Pflegepersonaluntergrenzen in pflegesensitiven Krankenhausbereichen gesetzlich verankert. So wurden der GKV-Spitzenverband und die DKG beauftragt, die Pflegepersonaluntergrenzen der Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung vom 05.10.2018 zu überprüfen und weiterzuentwickeln sowie für die neuen pflegesensitiven Bereiche Neurologie und Herzchirurgie Pflegepersonaluntergrenzen zu vereinbaren. Infolge der Weiterentwicklung der Pflegepersonaluntergrenzen hat der Gesetzgeber die Selbstverwaltungspartner auch beauftragt, die Vereinbarung über den Nachweis zur Einhaltung von Pflegepersonaluntergrenzen jährlich fortzuschreiben sowie jährlich weitere pflegesensitive Bereiche festzulegen.

Aufgabe Frist
Zeitplan inkl. konkreter Zeitziele für die Entwicklung und Umsetzung der Vorgaben an das BMG 31.08.2017
Zwischenbericht an das BMG 31.01.2018
Festsetzung von Pflegepersonaluntergrenzen in pflegesensitiven Bereichen 30.06.2018
Nachweisvereinbarung 30.06.2018
Vergütungsabschläge bei Nichteinhaltung 30.06.2018
Mehrkostenvereinbarung -
Vereinbarung zur Übermittlung und Nutzung von Daten nach § 21 KHEntgG 31.07.2018
Vereinbarung zur Überführung der Mittel des Pflegestellenförderprogramms in den Pflegezuschlag 31.10.2018
Überprüfung und Weiterentwicklung der Pflegepersonaluntergrenzen nach § 6 Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung (PpUGV) vom 05.10.2018 31.08.2019
Vereinbarung über Pflegepersonaluntergrenzen für die Bereiche Neurologie und Herzchirurgie 31.08.2019
Jährliche Fortschreibung der Nachweisvereinbarung (erstmals für 2020) jährlich zum 01.11.
Fortschreibung der Pflegepersonaluntergrenzen-Sanktions-Vereinbarung -
Jährliche Festlegung von weiteren pflegesensitiven Bereichen (erstmals für 2020) jährlich zum 01.01.
Jährliche Überprüfung der in § 6 der Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung festgelegten Pflegepersonaluntergrenzen und Festlegung von Pflegepersonaluntergrenzen in weiteren pflegesensitiven Bereichen (erstmals für 2021) jährlich zum 31.08.
Wissenschaftliche Evaluation inkl. Bericht an das BMG und den Bundestag 31.12.2023

Nach fünf Jahren der Umsetzung der Pflegepersonaluntergrenzen (PpUG) sieht das Gesetz in § 137i Absatz 6 SGB V eine Berichterstattung durch die Selbstverwaltungspartner vor. Der GKV-Spitzenverband und die Deutsche Krankenhausgesellschaft haben im Benehmen mit dem PKV-Verband dem Deutschen Bundestag über das Bundesministerium für Gesundheit bis zum 31.12.2023 einen wissenschaftlichen Bericht über die Auswirkungen der festgelegten Untergrenzen in den pflegesensitiven Bereichen in Krankenhäusern vorzulegen. Der Bericht legt deskriptiv dar, wie die Pflegepersonaluntergrenzen umgesetzt wurden und wie sie sich auf die Patientenversorgung und die Pflegepersonalbesetzung ausgewirkt haben. Die Ergebnisse beruhen auf Datenanalysen des GKV-Spitzenverbandes sowie auf einer Befragung von Pflegedirektionen und leitenden Pflegekräften zu den Auswirkungen durch das IGES Institut.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und der GKV-Spitzenverband wurden vom Gesetzgeber beauftragt (§ 137i Abs. 2 SGB V), dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) bis zum 31.01.2018 einen Zwischenbericht über die Umsetzung der Vorgaben nach § 137i Abs. 1 SGB V vorzulegen. Dieser Zwischenbericht wurde fristgerecht dem BMG übergeben.

Im Dezember 2017 wurde durch den GKV-Spitzenverband und die Deutsche Krankenhausgesellschaft eine Befragung von Pflegeexperten aus Wissenschaft und Praxis beauftragt, um weitere Erkenntnisse zur Identifikation pflegesensitiver Bereiche zu gewinnen. Die telefonische Befragung von 71 Pflegeexperten aus Wissenschaft und Praxis wurde vom IGES-Institut durchgeführt und bestätigt die bereits gewählten sechs Bereiche Geriatrie, Neurologie, Kardiologie, Herzchirurgie, Unfallchirurgie und Intensivmedizin. Zudem wurden noch die Bereiche Innere Medizin und Chirurgie als pflegesensitiv eingestuft. Die Befragung verdeutlicht zudem Abgrenzungsschwierigkeiten hinsichtlich der Definition „pflegesensitiver Bereiche“ und identifiziert einen patientenzentrierten Ansatz als alternative Möglichkeit zur Abgrenzung.

Im März 2018 haben der GKV-Spitzenverband und die Deutsche Krankenhausgesellschaft gemeinsam die KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit einer Studie zur Pflegepersonalausstattung und „Pflegelast“ in den sechs ausgewählten pflegesensitiven Bereichen Geriatrie, Neurologie, Kardiologie, Herzchirurgie, Unfallchirurgie und Intensivmedizin in deutschen Krankenhäusern beauftragt. Das Ziel dieser Studie bestand in der empirischen Auswertung von krankenhausbezogenen Leistungs- und Personaleinsatzdaten zur Darstellung der derzeitigen Pflegepersonalausstattung im Verhältnis zur Anzahl und zum Pflegeaufwand („Pflegelast“) der zu versorgenden Patienten in den pflegesensitiven Bereichen.

Nach einem Datenerhebungszeitraum von rund vier Monaten konnte KPMG aus den repräsentativen Stichproben Daten aus 177 pflegesensitiven Bereichen aus 139 Krankenhäusern auswerten. Die Datenauswertung erfolgte anhand des sogenannten Perzentilansatzes. Dieser sieht die Festlegung eines statistischen Grenzwertes in der Verteilung der Daten vor. Im Auftrag des GKV-Spitzenverbandes und der Deutsche Krankenhausgesellschaft hat KPMG für die Ermittlung von Pflegepersonaluntergrenzen in jedem Bereich das 10-Prozent-Perzentil und das 25-Prozent-Perzentil bestimmt. Auf dieser Datenbasis konnte KPMG statistisch signifikante Ergebnisse für vier der sechs ausgewählten pflegesensitiven Bereiche ermitteln: Geriatrie, Kardiologie, Unfallchirurgie und Intensivmedizin. Die Ergebnisse der KPMG-Studie dienen als Entscheidungsgrundlage für die Vereinbarung zur Festlegung von Pflegepersonaluntergrenzen in pflegesensitiven Krankenhausbereichen bzw. für die entsprechende Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Gesundheit (Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung – PpUGV).

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