Anlässlich des heutigen Kabinettsbeschlusses zum Gesundheits-Digitalagentur-Gesetz erklärt Dr. Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes:
"Die grundsätzliche Intention des Gesetzgebers, mit dem Gesundheits-Digitalagentur-Gesetz die Benutzerfreundlichkeit und Leistungsfähigkeit der TI-Anwendungen zu optimieren und insgesamt die Weiterentwicklung der Digitalisierung im Gesundheitswesen zu beschleunigen, begrüßen wir. Die geplante Verpflichtung der Hersteller etwa, nicht nur die rein technische Integration der TI-Schnittstelle in die Praxisverwaltungssysteme, sondern auch die tatsächliche Nutzbarkeit zu gewährleisten, halten wir für hilfreich. Auch die Möglichkeit, dass die neue Digitalagentur Störungsbeseitigungen bei den Herstellern einfordern und alternativ eigene Maßnahmen zur Störungsbeseitigung ergreifen kann, könnte eine positive Wirkung haben. Der mit diesem Gesetz geplante Umbau der gematik zur Digitalagentur Gesundheit wirft in der vorgesehenen Form allerdings auch erhebliche finanz- und ordnungspolitische Probleme auf."
Mehr Aufgaben, erweiterte Befugnisse und ein Interessenskonflikt
"Die zukünftige Digitalagentur soll mehr Aufgaben erhalten und ihre Befugnisse werden erweitert. So wird ihr etwa die Möglichkeit eingeräumt, selbst Aufträge für die Entwicklung und den Betrieb von Komponenten und Diensten der TI zu vergeben. Gleichzeitig wird sie weiterhin die Aufgabe der Zulassung haben. Die neue Digitalagentur ist dann also selbst Marktteilnehmerin mit eigenen Produkten und soll gleichzeitig die Produkte ihrer Mitbewerber aus der Industrie zulassen – ein offensichtlicher Interessenskonflikt. Die Möglichkeit, eigene Komponenten und Dienste der TI zu betreiben, kann und sollte daher allenfalls für zentrale Produkte gelten, die nur einmal im System vorhanden bzw. notwendig sind."
Höhere Kosten und kein Einfluss auf Verwendung der Mittel
"Für das Erfüllen neuer Aufgaben braucht es bekanntlich Geld – entsprechende Kostensteigerungen sind im bisherigen Gesetzentwurf aber in keiner Weise berücksichtigt. Fest steht: Die - steigenden - Ausgaben der neuen Digitalagentur werden weiterhin zu 93 Prozent von den Beitragszahlenden der gesetzlichen Krankenversicherung aufgebracht werden müssen. Und auch zukünftig wird das Bundesgesundheitsministerium mit seinem Gesellschafteranteil von 51 Prozent und einfacher Mehrheitsentscheidung in der Gesellschafterversammlung letztlich über diese Mittel entscheiden können. Die Krankenkassen haben also keinen Einfluss auf einen wirtschaftlichen Einsatz der Gelder der Beitragszahlenden. Angesichts der geplanten Regelung, dass das Bundesgesundheitsministerium zukünftig weitere neue Aufgaben jederzeit per Rechtsverordnung an die Digitalagentur Gesundheit übertragen können soll, verschärft sich diese Problematik noch."
Unfaire Finanzierung beenden
"Das Gesundheits-Digitalagentur-Gesetz reiht sich insofern ein in eine Vielzahl von Gesetzesplänen der letzten Zeit, mit denen die Beitragszahlenden der GKV einseitig belastet werden. Das ist zum einen vor dem Hintergrund einer immer dringlicher werdenden nachhaltigen Finanzierungsreform der GKV nicht nachvollziehbar. Zum anderen ist die Digitalisierung des Gesundheitswesens eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und müsste als solche aus Steuermitteln finanziert werden. Sollte der Gesetzgeber weiterhin an dieser unfairen Finanzierung festhalten, fordern wir, dass bei allen kostenrelevanten Entscheidungen in der Gesellschafterversammlung der Digitalagentur Gesundheit zumindest mit der GKV das Einvernehmen hergestellt werden muss."