Seit über zwei Jahren wird intensiv über die dringend notwendige Krankenhausreform diskutiert, deren In-Kraft-Treten ursprünglich bereits am 1. Januar dieses Jahres hätte erfolgen sollen. Über die Ziele sind sich im Grundsatz alle einig, aber wenn es konkret wird, zucken viele zurück. Zwischenzeitlich liegt ein von der Bundesregierung beschlossener Gesetzentwurf für das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz vor. Auch wenn dieses Gesetz, wenn es denn kommt, nur bescheidene Fortschritte für die Patientinnen und Patienten bringt, wäre es doch der dringend notwendige Einstig in die Orientierung an dem Versorgungsbedarf der Menschen statt an den Interessen der Krankenhausbetreiber und Bundesländer.
Stefanie Stoff-Ahnis, stellvertretende Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, erklärt dazu: „Wer das Wohl der Patientinnen und Patienten im Blick hat, der macht Tempo bei der Reform, statt sie zu verzögern. Wir brauchen eine qualitätsgesicherte, zielgenauere Versorgung insbesondere von Schwerkranken, die Sicherstellung der Versorgung auf dem Land und Krankenhausstrukturen, die sich in Stadt und Land am Bedarf der Menschen orientieren und nicht daran, wo vor hundert Jahren auch schon ein Krankenhaus stand. Es wird sich nicht ändern, wenn der Gesetzgebungsprozess weiter blockiert und verzögert wird. Immerhin liegt die Krankenhausreform schon über ein Jahr hinter dem Zeitplan zurück. Die kommenden Wochen und Monate gilt es zu nutzen, um den vorliegenden Gesetzentwurf zu verbessern, damit der Bundestag dann im Herbst ein hoffentlich besseres Gesetz beschließen kann. In den letzten Monaten drehte sich fast alles um die Finanzforderungen - die notwendigen Strukturreformen hin zu einer besseren Versorgung der Menschen sind dabei auf der Strecke geblieben. Nun haben es die Abgeordneten des Bundestages in der Hand, im weiteren Gesetzgebungsprozess die Patientinnen und Patienten wieder ins Zentrum der Reform zu stellen.“
Versorgungsbedarf der Patientinnen und Patienten ins Zentrum stellen
Das Ziel, die Krankenhauslandschaft danach zu gestalten, was für die Versorgung der Menschen notwendig ist (bedarfsnotwendig), muss wieder in den Mittelpunkt des weiteren Gesetzgebungsverfahrens rücken. Das heißt konkret:
- Gelegenheitsversorgung verhindern, damit Patientinnen und Patienten besser versorgt werden.
- Für die gute Versorgung nicht benötigte Angebote der Kliniken abbauen, denn das ermöglicht den knappen Fachkräften, in den Kliniken und Abteilungen zu arbeiten, wo sie für die gute Versorgung dringend gebraucht werden.
- Leistungsgruppen, Qualitätsstandards und Vorhaltevergütung durch die Partner der Selbstverwaltung weiterentwickeln, denn dort liegen Erfahrung und Expertise.
Rekordausgaben und leere Betten
In diesem Jahr werden die Krankenhausausgaben der gesetzlichen Krankenkassen erstmals an der 100-Milliarden-Euro-Grenze kratzen. Das entspricht einem Drittel der gesamten Ausgaben der GKV. Gleichzeitig ist die Auslastung der Krankenhausbetten auf rund 70 Prozent gefallen. Dieses Missverhältnis unterstreicht den Reformbedarf. „Für eine gute und bedarfsgerechte Versorgung der Patientinnen und Patienten stehen den Krankenhäusern sogar Rekordbeträge zur Verfügung. Es braucht aber nicht einfach immer mehr, vielmehr müssen“, so Stoff-Ahnis, „die Gelder zielgenauer, sprich am Versorgungsbedarf der Menschen orientiert, ausgegeben werden.“
Staatsaufgaben nicht von GKV finanzieren lassen
Auf- und Umbau von Krankenhäusern sind originäre Aufgaben des Staates und zuvorderst der Bundesländer. Die Finanzierung der Behandlungen und Operationen ist hingegen die Aufgabe der Krankenkassen. Während die Krankenkassen ihrer Finanzverantwortung mit Jahr für Jahr steigenden Milliardenbeträgen voll nachkommen, haben die Bundesländer die Kliniken bei der Investitionsfinanzierung hängen gelassen. „Es ist absolut inakzeptabel, den Beitragszahlenden der gesetzlichen Krankenkassen eine 25-Milliarden-Euro-Rechnung zu schicken, damit sie für den Staat und die Privatversicherten den Löwenanteil des Krankenhausumbaus finanzieren. Staatliche Aufgaben müssen vom Staat, sprich über Steuermittel, finanziert werden“, so Stoff-Ahnis.
Sozialpolitische Verteilungswirkung beachten
Es gibt einen zentralen sozialpolitischen Unterschied, ob die Krankenkassen aus ihren Beiträgen etwas finanzieren oder der Bund aus Steuergeldern. Wenn die gesetzlichen Krankenkassen etwas finanzieren, dann wird dies aus den Beiträgen der 58 Millionen Mitglieder (die 16 Millionen Familienmitglieder sind beitragsfrei mitversichert) und von deren Arbeitgebern finanziert. Dabei zahlen Gutverdienende nur bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenze von 5.175 Euro. Wer 10.000 oder 15.000 Euro im Monat verdient, zahlt also nicht mehr als jemand, der 6.000 Euro verdient.
Wenn etwas aus Steuermitteln bezahlt wird, dann finanzieren alle 84 Millionen Menschen in diesem Land dies gemeinsam über Einkommenssteuer, Gewerbesteuer, Mehrwertsteuer usw. Damit sind dann alle Bürgerinnen und Bürger an der Finanzierung beteiligt. Auch gibt es bei der Einkommenssteuer keine Obergrenze. Alle Einkünfte werden herangezogen. Und durch die Steuerprogression in der Einkommenssteuer leisten Gutverdienende einen höheren Anteil. Hier macht es also einen Unterschied, ob jemand 6.000 oder 10.000 Euro im Monat verdient. Es ist auch sozialpolitisch wichtig, dass der Umbau der Krankenhausstruktur aus Steuermitteln finanziert wird.