STATEMENT - BERLIN, 12.10.2016 Umsatzschwelle entpuppt sich als Alibi-Lösung gegen Mondpreise

GKV-Spitzenverband

Portrait von Herrn Johann-Magnus v. Stackelberg, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes

Johann-Magnus v. Stackelberg

Heute hat das Kabinett den Gesetzentwurf zur Stärkung der Arzneimittelversorgung (Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz – AM-VSG) beschlossen. Zu den wichtigen Punkten

  • Umsatzschwelle
  • Praxissoftware
  • keine öffentliche Listung der Erstattungsbeträge
  • Apothekerhonorare

erklärt Johann-Magnus v. Stackelberg, stv. Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes:

Umsatzschwelle

„Problem erkannt, aber auf eine Alibi-Lösung gesetzt, muss man dem Gesetzgeber beim Vorschlag der Umsatzschwelle leider sagen. Bei einer Umsatzhöhe von 250 Mio. Euro wären im letzten Jahr lediglich drei Arzneimittel unter den Mechanismus einer früheren Rückerstattung gefallen. Selbst bei einer Umsatzschwelle von 100 Mio. Euro hätten 2015 lediglich sieben Arzneimittel in diese Form der Preisregulierung einbezogen werden können. Wenn man eine echte Wirkung auf die Industrie und ihre Preisgestaltung will, muss der Erstattungsbetrag rückwirkend ab dem ersten Tag gelten, an dem das Arzneimittel verfügbar ist. Nur so lassen sich faire Arzneimittelpreise realisieren, alles andere ist Augenwischerei.“

Geheimpreise

„Erstattungsbeträge müssen auch künftig allen Ärzten zur Verfügung stehen, denn nur so können sie ihrem gesetzlichen Auftrag nachkommen, Arzneimittel medizinisch sinnvoll und zugleich wirtschaftlich zu verordnen. Ärzte müssen die Preise kennen, um das gesamte Verordnungsspektrum im Auge zu behalten. Hier darf es im Sinne aller Beteiligten keinen Interpretationsspielraum geben, ob Ärzte Institutionen mit gesetzlichem Auftrag sind oder nicht.

Dass der Pharmastandort Deutschland nur durch Geheimpreise langfristig gesichert werden kann, ist eine durchsichtige Schutzbehauptung der Herstellerseite. Ich bezweifle stark, dass die von der Industrie in Aussicht gestellte Vertraulichkeit der Preise tatsächlich zu höheren Ersparnissen für die gesetzliche Krankenversicherung führt – eine gesetzliche Vorgabe kann man schließlich nicht mehr als Verhandlungsoption anbieten. Vielmehr dürfte der gegenteilige Effekt eintreten: Der generelle Verzicht auf eine öffentliche Listung der Erstattungsbeträge dürfte zu höheren Ausgaben und neuer Bürokratie führen.“

Praxisverwaltungssoftware

„Wir begrüßen den Plan, die Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses zu neuen Arzneimitteln über die Praxissoftware zeitnah in den Versorgungsalltag einfließen zu lassen, denn nur gut informierte Ärzte können die bestmögliche und zugleich wirtschaftliche Therapieentscheidung treffen. Bisher dauert es viel zu lange, bis das Wissen über neue Arzneimittel tatsächlich im Versorgungsalltag ankommt. Bei der technischen Neugestaltung kommt es nun darauf an, eine industrieneutrale, nach Patientengruppen differenzierte und zugleich anwenderfreundliche Lösung zu finden. Welchen Beitrag die Industrie leisten kann, wenn es darum geht den Ärzten die G-BA-Beschlüsse schnell und anwenderfreundlich zugänglich zu machen, ist mir ein Rätsel. Diese Sicht teilt erfreulicherweise auch die Regierung mit ihrem Kabinettsbeschluss."

Apothekerhonorar

„Eine Änderung der Apothekenvergütung ist zum aktuellen Zeitpunkt nicht mit Daten abgesichert. Ich plädiere dafür, das derzeit beim Bundeswirtschaftsministerium laufende Forschungsprojekt abzuwarten und erst auf Basis dieser Ergebnisse über Änderungen zu diskutieren. Im Moment gibt es als Entscheidungsbasis nur die regelmäßigen Forderungen der Apotheker nach einer höheren Honorierung. Repräsentative Fakten zu Einnahmen und Ausgaben der Apotheker fehlen dagegen. Wenn man die Apothekenvergütung ändern will, sollte man erst einmal feststellen, ob es tatsächlich einen belegbaren und nicht nur einen behaupteten Bedarf gib.“

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