Als Solidargemeinschaft vereint die gesetzliche Krankenversicherung 90 Prozent der Bevölkerung, die füreinander einsteht: Gesunde für Kranke, Junge für Alte, Alleinstehende für Familien. Selbstverständlich unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Geschlecht, Glauben, sexueller Orientierung oder Vorerkrankung. Das Prinzip der Selbstverwaltung, auf dem die gesetzliche Krankenversicherung beruht, stellt dabei die demokratische Mitwirkung, Mitbestimmung und Mitgestaltung der Versicherten und Arbeitgebenden sicher. Aber die finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung ist grundlegend gefährdet, das System gerät ins Wanken.
Stabile gesundheitliche Versorgung sichern
„Nach zehn Jahren einer Gesetzgebung, die vor allem steigende Ausgaben verursachte, brauchen wir einen grundlegenden Kurswechsel in der Gesundheitspolitik“, so Uwe Klemens, Vorsitzender und Versichertenvertreter im Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes. „Die Gesundheitspolitik der letzten zehn Jahre kannte viele Gewinner und einen Verlierer. Gewinner waren z. B. die Krankenhäuser, die so viel Geld erhielten wie noch nie. Gewinner war auch die Pharmaindustrie mit gewaltigen Einnahmesteigerungen und Gewinner waren die Ärztinnen und Ärzte mit überproportional gestiegenen Honoraren. Verlierer waren die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler, die das alles durch hohe Beitragssatzsteigerungen bezahlen müssen.“ Mit einem Blick auf die Koalitionsverhandlungen betont Uwe Klemens: „Praktisch alle Parteien haben vor der Wahl gesagt, dass die medizinische Versorgung der Bürgergeldbeziehenden richtigerweise aus Steuermitteln finanziert werden muss. Die künftige Bundesregierung hat es nun in der Hand, dieses Wahlversprechen einzulösen. Das würde die gesetzliche Krankenversicherung um 10 Mrd. Euro entlasten, das entspricht etwa 0,5 Beitragssatzpunkten.“
Ausgabenmoratorium jetzt!
Das Minus der Krankenkassen ist im letzten Jahr auf 6,2 Mrd. Euro gestiegen und damit ist die Finanzsituation nochmal 700 Millionen Euro schlechter, als zuletzt erwartet. Die Ausgabendynamik ist ungebrochen, es muss nun schnell gehandelt werden. Vor diesem Hintergrund fordert Dr. Susanne Wagenmann, Vorsitzende und Arbeitgebervertreterin im Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes:
„Wir brauchen ein Ausgabenmoratorium, damit die Ausgaben nicht weiter schneller steigen als die Einnahmen. Damit würde die Politik Zeit gewinnen, um die notwendigen Strukturreformen anzugehen. Wenn die Politik nicht umgehend handelt, dreht sich die Beitragsspirale einfach weiter. Das würde für Millionen Versicherte und deren Arbeitgebende spätestens Anfang 2026 erneut deutlich steigende Krankenkassenbeiträge bedeuten. Mit einem Ausgabenmoratorium könnte dafür gesorgt werden, dass die Krankenkassen ab sofort nicht mehr ausgeben müssen, als sie mit dem gegenwärtigen Beitragssatzniveau einnehmen. Konkret: Keine Preis- oder Honorarerhöhungen mehr, die über die laufenden Einnahmen hinausgehen.
Im vergangenen Jahr waren die Einnahmen der Krankenkassen insgesamt stabil, das Problem sind die davongaloppierenden Ausgaben. Hier muss die Politik ran, denn zu oft müssen die Krankenkassen zu viel Geld für zu wenig Qualität und zu wenig Nutzen bezahlen.“
341 Milliarden Euro für gute Versorgung
Am heutigen GKV-Tag weisen die gesetzlichen Krankenkassen gemeinsam auf die kritische Finanzsituation der gesetzlichen Krankenversicherung hin. Es geht nicht darum, ob die eine oder andere Krankenkasse ihren Zusatzbeitragssatz etwas mehr oder etwas weniger stark anheben musste oder noch muss. Es geht darum, dass die Finanzsituation der gesetzlichen Krankenversicherung insgesamt prekär ist.
Die rund 75 Millionen Versicherten und ihre Arbeitgeber brauchen eine stabile und nachhaltige Finanzierung ihrer gesetzlichen Krankenversicherung, damit die gesundheitliche Versorgung auch in Zukunft gesichert ist. In diesem Jahr werden die gesetzlichen Krankenkassen für die Versorgung ihrer Versicherten rund 341 Milliarden Euro ausgeben.
Es geht immer um das Geld der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler
Die Krankenkassen kümmern sich treuhänderisch um das Geld der Versicherten und Arbeitgebenden, die von ihrem Lohn jeden Monat einen beträchtlichen Teil an die Krankenkassen zahlen, damit davon die notwendigen medizinischen Leistungen finanziert werden können. Was etwa Ärzte- oder Apothekerschaft mehr bekommen wollen, müssen die Supermarktkassiererin und der LKW-Fahrer mit ihren Krankenkassenbeiträgen dies ebenso zusätzlich finanzieren, wie deren Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber.
Die politischen Rahmenbedingungen müssen spätestens jetzt so gestaltet werden, dass die gesetzliche Krankenversicherung, die seit über 140 Jahren die flächendeckende gesundheitliche Versorgung maßgeblich prägt und gestaltet, dies auch in Zukunft leisten kann.
Hintergrund: #GKVTag
Die 94 gesetzlichen Krankenkassen haben ein gemeinsames Ziel: die gesundheitliche Absicherung ihrer rund 75 Millionen Versicherten. Sie setzen sich dafür ein, dass die Beiträge ihrer Versicherten und deren Arbeitgebenden für eine hochwertige und zugleich wirtschaftliche Versorgung eingesetzt werden – und dass Ausgaben für Gesundheit fair verteilt werden. Alle gesetzlichen Krankenkassen stehen aus Überzeugung hinter einem Solidarsystem, das heute 90 Prozent der Bevölkerung absichert – unabhängig von Alter, Einkommen oder Krankheitsrisiko. Es gilt, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken, statt zu spalten. Es gilt, ein insgesamt gut funktionierendes Gesundheitssystem weiterzuentwickeln, statt es kaputtzureden. Einmal im Quartal weisen die Krankenkassen gemeinsam auf zentrale Anliegen der gesetzlichen Krankenversicherung und ihrer Versicherten hin. Einmal im Quartal ist GKV-Tag.