Mit Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung wie z. B. arbeitsplatzbezogenen Programmen zur Stressprävention oder Führungskräfteseminaren zum Umgang mit belasteten Mitarbeitern unterstützen die gesetzlichen Krankenkassen gezielt die psychische Gesundheit von Beschäftigten. Das geht aus dem aktuellen Präventionsbericht von GKV-Spitzenverband und Medizinischem Dienst des GKV-Spitzenverbandes (MDS) hervor. Zudem engagieren sie sich insbesondere in Lebenswelten wie z. B. Kindergärten und Schulen. Auch hier spielt das Vorbeugen von psychischen Erkrankungen eine große Rolle, etwa im Zusammenhang mit Mobbing in der Schule. Insgesamt haben die Krankenkassen im Berichtsjahr 2011 rund 270 Mio. Euro für Präventionsaktivitäten ausgegeben, pro Versichertem durchschnittlich 3,87 Euro. Damit haben sie den vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Richtwert von 2,86 Euro deutlich überschritten.
„Die gesetzlichen Krankenkassen konzentrieren sich damit schon heute auf das, was der Bundesgesundheitsminister jetzt fordert – nämlich intensiv die betriebliche Gesundheitsförderung und Maßnahmen in Lebenswelten vor Ort zu fördern“, so Gernot Kiefer, Vorstand des GKV-Spitzenverbandes. „Gesundheitsförderung ist dann erfolgreich, wenn sie die Menschen auf möglichst vielen verschiedenen Wegen anspricht und dadurch erreicht. Eine Verengung auf eine ärztliche Verordnung, wie derzeit offenbar im Bundesgesundheitsministerium überlegt wird, wäre ein falscher Ansatz. Prävention muss z. B. im Kindergarten, am Arbeitsplatz und in der Schule beginnen und nicht erst dann, wenn jemand bereits zum Arzt geht.“
Engagement in der betrieblichen Gesundheitsförderung ausgebaut
Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz – das bedeutet geringere krankheitsbedingte Kosten und mehr Lebensqualität für den Einzelnen. Deshalb haben die Krankenkassen 2011 wie in den Vorjahren ihr Engagement in der betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) ausgeweitet: Rund 6.800 Betriebe – und damit fünf Prozent mehr als noch 2010 – haben die gesetzlichen Kassen durch entsprechende Maßnahmen erreicht. Rund 1,1 Mio. Arbeitnehmer konnten so direkt oder indirekt – also etwa durch Multiplikatoren – angesprochen werden, das entspricht vier Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten. Insgesamt gaben die Krankenkassen 2011 mehr als 42 Mio. Euro für die BGF aus.
Psychische Erkrankungen verursachen rund 10 Prozent aller Krankheitstage in deutschen Unternehmen und sind seit Jahren die Hauptursache für krankheitsbedingte Frühverrentungen. Entsprechend den gewandelten Belastungen am Arbeitsplatz mit zunehmender Hektik und fortschreitender Arbeitsverdichtung verstärkten die Krankenkassen 2011 weiter ihre Aktivitäten zur Förderung der psychischen Gesundheit von Arbeitnehmern. „Die Anforderungen in der Arbeitswelt haben sich in den letzten Jahren rasant verändert. In der Folge sind vor allem kognitive und psychosoziale Belastungen gestiegen – Stress ist inzwischen das zweithäufigste arbeitsbedingte Gesundheitsproblem. Der Präventionsbericht zeigt, dass die Krankenkassen hier aktiv gegensteuern“, so Dr. Peter Pick, Geschäftsführer des MDS.
2011 gehörten Maßnahmen zum Stressmanagement bzw. zur Stressbewältigung und Angebote zur gesundheitsgerechten Mitarbeiterführung neben der Reduktion von körperlichen Belastungen zu den häufigsten Präventionsmaßnahmen am Arbeitsplatz. Besonders im Fokus: die Gruppe der älteren Arbeitnehmer. Der Zahl der Beschäftigten über 50 Jahre, die an Maßnahmen zur Bewältigung psychischer Belastungen teilgenommen haben, ist seit 2007 um 157 Prozent gestiegen.
Mit Primärprävention Gesundheitschancen verbessern
Gesundheitsförderung ist dann besonders wirksam, wenn sie in den Lebenswelten der Menschen verankert wird, also in Kindertagesstätten oder Schulen, den sogenannten Settings. Auf diesem Wege sprechen die Krankenkassen auch Menschen mit sozial bedingt ungünstigeren Gesundheitschancen an, die von sich aus Angebote der Gesundheitsförderung seltener wahrnehmen. 2011 haben die Krankenkassen durch lebensweltbezogene Projekte rund 2,4 Mio. Menschen erreicht. Gezielt wurde der Schwerpunkt dabei auf Bildungseinrichtungen gelegt. Fast jede zweite Kindertagesstätte (43 Prozent) und ein Viertel aller allgemeinbildenden Schulen profitierten von den Präventionsmaßnahmen. Damit helfen die Krankenkassen, die sozial bedingte Ungleichheit von Gesundheitschancen zu reduzieren.
Bei den individuellen Kursen zur Bewegungsförderung, Ernährung, Stressbewältigung und Raucherentwöhnung gab es im Vergleich zum Vorjahr einen Rückgang. Knapp 1,7 Mio. Versicherte nahmen an individuellen Angeboten zur Gesundheitsförderung teil, im Vorjahr waren es knapp zwei Mio. Entsprechend gingen die Ausgaben in diesem Bereich zurück. Während Individualangebote auf die Verhaltensänderung einzelner Versicherter abzielen, haben Angebote innerhalb der Arbeits- und Lebenswelt der Menschen mehr Potenzial: Sie können sowohl die Verhältnisse verändern als auch das Verhalten Einzelner. Insofern entspricht diese Entwicklung der gewollten stärkeren Fokussierung auf die lebensweltbezogenen Maßnahmen und die betriebliche Gesundheitsförderung.