PRESSEMITTEILUNG - BERLIN, 31.08.2020 Nur knapp die Hälfte der Klinischen Krebsregister am Jahresende voll arbeitsfähig

GKV-Spitzenverband

Portrait von Frau Dr. Doris Pfeiffer, der Vorstandsvorsitzenden des GKV-Spitzenverbandes.

Dr. Doris Pfeiffer

Der Strukturaufbau der klinischen Krebsregister ist zwar abgeschlossen und in allen Bundesländern sind die Grundstrukturen der Register nach inzwischen sieben Jahren vorhanden. Zugleich wird im Bericht des Beratungsunternehmens Prognos in seiner aktuellen Untersuchung im Auftrag des GKV-Spitzenverbandes aber auch deutlich: Regional besteht teilweise deutlicher Nachholbedarf insbesondere in der Datennutzung und -qualität.

„Krebsregister sind eine wertvolle Hilfe für die Medizin und leisten einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen den Krebs. Leider haben es viele Bundesländer auch nach sieben Jahren noch nicht geschafft, voll arbeitsfähige klinische Krebsregister aufzubauen“, so Dr. Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes. „Länder und Register müssen jetzt sehr schnell ihre gesetzlichen Verpflichtungen erfüllen, um die Förderkriterien bis Ende 2020 sicherzustellen. In einigen Bundesländern müssen etwa die (bevölkerungsbezogenen) epidemiologischen Krebsregister arbeitsfähig gemacht werden, damit die (behandlungsbezogenen) klinischen Krebsregister dort überhaupt funktionieren können.“

Zum Stichtag der Untersuchung (31.12.2019) konnten nur vier der klinischen Register alle geforderten Förderkriterien erfüllen (Baden-Württemberg, Bremen, Rheinland-Pfalz, Saarland). Diese Kriterien sind die gesetzliche Voraussetzung, damit die Krankenkassen zukünftig regelhaft die Arbeit der klinischen Krebsregister finanzieren dürfen. Auch am Ende der vorgesehenen Nachbesserungsfrist am 31.12.2020 werden voraussichtlich nur acht der insgesamt 18 klinischen Krebsregister alle notwendigen Kriterien erfüllen.

Datenqualität noch nicht ausreichend

Das Gutachten listet neben erfolgreichen Aufbauschritten auch zahlreiche Mängel durch fehlende und unvollständige Datensätze auf. So vor allem bei der Erhebung und Verarbeitung von Informationen aus Todesbescheinigungen. Eine zentrale Rolle spielt hierbei das gemeinsame epidemiologische Krebsregister der Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und der Freistaaten Sachsen und Thüringen, das nicht alle erforderlichen Daten für die klinischen Krebsregister zur Verfügung stellt. Betroffen ist somit die Datenqualität aller ostdeutschen Krebsregister.

Darüber hinaus werden auftretende Neuerkrankungen nicht immer vollzählig an die Krebsregister gemeldet oder es fehlen wichtige Angaben in den Meldebögen. Trotz zum Teil intensiver Bemühungen der Register, die Meldemotivation zu steigern, wird in vielen Registern eine ausreichende Vollzähligkeit und Vollständigkeit nicht erreicht.

Die gesetzlich vorgegebene, einheitliche Registerstruktur für die Erfassung von Krebserkrankungen soll die onkologische Versorgung verbessern. Die Daten geben Aufschluss über die Versorgung von Krebspatienten und Krebspatientinnen und sollen so zur Weiterentwicklung der Krebstherapie beitragen. Die Daten sollen deshalb u. a. den behandelnden Ärzten und Krankenhäusern zur Verfügung gestellt und auch für Forschungszwecke genutzt werden. Um diese Ziele zu erreichen, muss eine hohe Datenqualität und -validität sichergestellt sein.

Hintergrund

Ende 2017 lief die vom Gesetzgeber vorgesehene vierjährige Aufbauphase für die klinischen Krebsregister ab. Da dieser Zeitraum nicht ausreichte, wurde eine dreijährige Nachbesserungsfrist bis zum 31.12.2020 eingeräumt. Ab 2021 dürfen die gesetzlichen Krankenkassen nur klinische Krebsregister finanzieren, die vollumfänglich arbeitsfähig sind und somit alle 43 Prüfkriterien erfüllen. Bereits zum dritten Mal haben die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen mit einem einheitlichen Bewertungsverfahren geprüft, ob die Krebsregister diese Voraussetzungen erfüllen. In die Prognos-Untersuchung sind die Berichte über die Prüfung (Stichtag 31.12.2019) eingeflossen sowie zusätzliche Datenmeldungen der Krankenkassen bis zum Sommer 2020.

Klinische und epidemiologische Krebsregister in Deutschland

Im April 2013 trat das Gesetz zur Weiterentwicklung der Krebsfrüherkennung und zur Qualitätssicherung durch klinische Krebsregister (Krebsfrüherkennungs- und -registergesetz [KFRG]) in Kraft. Hiermit begann der Aufbau der (behandlungsbezogenen) klinischen Krebsregister als fachlich unabhängige Einrichtungen, die die Krankheitsverläufe der Patientinnen und Patienten erfassen. Registriert werden Daten von der Diagnose über einzelne Behandlungsschritte und Nachsorge bis hin zu Rückfällen, Komplikationen und Todesfällen. So kann die Qualität der medizinischen Behandlung erfasst und gesichert werden. Die klinischen Krebsregister werten die – von den Ärzten und Krankenhäusern - übermittelten Daten aus und unterstützen die Behandlungseinrichtungen mit regelmäßiger Rückmeldung der Auswertungsergebnisse.

Klinische Krebsregister ermöglichen auch statistische Aussagen, die z. B. zur Gesundheitsberichterstattung oder für die Versorgungsforschung genutzt werden. Um valide Aussagen treffen zu können, müssen die Daten der Register sowohl vollständig als auch vollzählig sein.

Seit 2009 bestehen in Deutschland flächendeckende (bevölkerungsbezogene) epidemiologische Krebsregister. Diese erfassen bundeslandbezogen Daten über Auftreten und Häufigkeit von Krebserkrankungen, ihre Verteilung nach Alter, Geschlecht und Wohnort der Betroffenen sowie über deren Überlebenschancen. Auch für die Beurteilung der Auswirkungen und der Qualität von bevölkerungsbezogenen Früherkennungsprogrammen wie dem Mammographie-Screening sind diese Daten wichtig.

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