Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und der GKV-Spitzenverband arbeiten derzeit daran, den gesetzlichen Auftrag zur Einführung von Pflegepersonaluntergrenzen für besonders pflegesensitive Bereiche umzusetzen.
Dazu erklärt Johann-Magnus v. Stackelberg, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes: „Wir prüfen derzeit, ob sich auf Basis der jetzt in den Stationen erhobenen Daten zur Personalausstattung Untergrenzen für erste Abteilungen festlegen lassen. Wir sind optimistisch, dass es gelingt. Das ist ein wichtiger Schritt in Richtung Patientensicherheit. Allerdings sind Pflegepersonaluntergrenzen bestenfalls mit einer „4“ in Schulnoten zu vergleichen. Gerade noch versetzt, aber alles andere als gut! Sie dienen lediglich dazu, Patientengefährdung zu vermeiden.“
Die Große Koalition hatte noch vor der Bundestagswahl im Sommer 2017 den GKV-Spitzenverband und die DKG beauftragt, Personaluntergrenzen für sogenannte pflegesensitive Bereiche mit Wirkung zum 1. Januar 2019 zu vereinbaren (§ 137i SGB V). Damit soll ein patientengefährdender Abbau von Pflegepersonal in Kliniken verhindert werden. Vorausgegangen waren intensive Diskussionen in der Pflegeexpertenkommission. Für Krankenhäuser, die die Grenzen unterschreiten, sind Vergütungsabschläge vorzusehen. Sie werden in der Regel mit Leistungseinschränkungen reagieren, so z. B. (teilweise unnötige) Operationen vermeiden.
Problematisch war im Verhandlungsprozess der Mangel an Daten zur aktuellen Personalausstattung. GKV-Spitzenverband und DKG haben deshalb die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG beauftragt, die Personalsituation für die sechs Krankenhausabteilungen Geriatrie, Kardiologie (für Innere Medizin), Neurologie, Unfallchirurgie (für Allgemeine Chirurgie), Herzchirurgie und Intensivmedizin in den unterschiedlichen Schichten zu erheben. Auf Basis der Erhebungsergebnisse wird es im ersten Schritt möglich sein, zumindest für die Bereiche Intensivmedizin und Geriatrie Personaluntergrenzen festzulegen. Ob die Datenlage auch für die vier anderen Bereiche ausreicht, oder ob hier erst noch zusätzliche Daten erfasst werden müssen, werden die weiteren Auswertungen zeigen.
„Erstmals sollen in Deutschland auf empirischer Datengrundlage Pflegepersonaluntergrenzen festgelegt werden, wenn auch möglicherweise am Anfang nicht für alle sechs geplanten Bereiche“, erläutert Wulf-Dietrich Leber, Abteilungsleiter Krankenhäuser im GKV-Spitzenverband. „Besonders wichtig ist, dass auch Daten für die Personalbesetzung in den Nachtschichten und am Wochenende erhoben wurden. Die Patienten sollen sich darauf verlassen können, auch jenseits der OP-Zeiten ausreichend versorgt zu werden.“
Die Vereinbarung zwischen dem GKV-Spitzenverband und der DKG befindet sich derzeit in der entscheidenden Verhandlungsphase. Unter Moderation des Bundesministeriums für Gesundheit gab es eine Einigung auf ein Stufenmodell: Zunächst wird für die pflegesensitiven Bereiche die durchschnittliche Personalausstattung mitgeteilt. Die Krankenhäuser müssen aber auch Auskunft geben, in wie vielen Schichten es zu einer Unterschreitung der Grenzen gekommen ist. In weiteren Stufen soll die Mindestpersonalausstattung genauer gefasst werden. „Unser Ziel bleibt, dass in jeder einzelnen Schicht die Mindestpersonalausstattung sichergestellt sein muss“, so Leber.
Die jetzt anvisierte Vereinbarung basiert auf der gegenwärtigen Gesetzeslage. Im Koalitionsvertrag wurde allerdings vereinbart, Pflegepersonaluntergrenzen für alle Abteilungen zu definieren. Damit sollen Personalverschiebungen in pflegesensitive Bereiche auf Kosten der anderen Abteilungen vermieden werden. Die angekündigte Erweiterung ist sinnvoll und wird vom GKV-Spitzenverband ausdrücklich begrüßt.
Selbstkostendeckungsprinzip ist kein Zukunftsmodell
Seit 25 Jahren versucht die Politik die besonderen Herausforderungen der Krankenhauspflege in den Griff zu bekommen. Von der Pflege-Personalregelung 1993 über verschiedene Pflegegipfel bis zu Pflegestellen-Förderprogrammen reicht hier die Bandbreite. Jetzt sollten laut Koalitionsvereinbarung Pflegekosten künftig aus den Fallpauschalen ausgegliedert und nach dem Selbstkostendeckungsprinzip finanziert werden. Ein Blick auf die jüngere Geschichte der Krankenhauspflege zeigt jedoch, dass die vielen Maßnahmen, die isoliert den Pflegebereich in den Blick genommen haben, die Situation der Pflegenden und der zu Pflegenden nicht wirklich verbessern konnten. Die Einführung des Selbstkostendeckungsprinzips für die Pflege, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen und im vorliegenden Referentenentwurf angekündigt, wäre wieder eine Maßnahme, die die Pflege isoliert betrachtet, das Krankenhausmanagement mit zusätzlicher Abrechnungsbürokratie belastet und zu unwirtschaftlichem Verhalten animieren würde. Wer jeden ausgegebenen Euro aus den Portemonnaies der Beitragszahler wiederbekommt, hat keinen Anreiz mehr zu wirtschaftlichem Verhalten.
Vor diesem Hintergrund fordert v. Stackelberg: „Pflegende sollen von den Kliniken besser vergütet werden. Um künftig die Zweckentfremdung der Mittel durch das Krankenhausmanagement zu verhindern, sollten die Fallpauschalen so umgebaut werden, dass es einen eigenen Bereich nur für Pflege gibt. So wird sichergestellt, dass die Transparenz über die Mittelverwendung erhalten bleibt und gleichzeitig jeder zusätzliche Euro auch tatsächlich bei den Pflegekräften ankommt.“
Ein zentrales und seit Jahren ungelöstes Problem ist die mangelnde Investitionsfinanzierung durch die Bundesländer. Hier gehen den Kliniken im Jahr rund drei Milliarden Euro verloren, die sie sich stattdessen aus den Fallpauschalen holen - nicht zuletzt auf Kosten des Pflegepersonals. Kämen die Länder ihren Zahlungsverpflichtungen nach, wären die Krankenhäuser nicht mehr gezwungen, auf Kosten des Personals zu sparen.
Deutschland hat im internationalen Vergleich viel zu viele Krankenhausbetten. Gerade in den Ballungsgebieten gibt es Kliniken, die für die gute Versorgung der Menschen nicht benötigt werden. Unnötige Kliniken zu schließen würde dafür sorgen, dass für die verbliebenen Kliniken mehr Geld und mehr Personal zur Verfügung stünden – das erhöht die Qualität in der Patientenversorgung.