Anlässlich des bekanntgewordenen Referentenentwurfes für das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsqualität im Krankenhaus und zur Reform der Vergütungsstrukturen (KHVVG) erklärt Stefanie Stoff-Ahnis, Vorständin des GKV-Spitzenverbandes:
„Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf besteht die Gefahr in eine Situation zu laufen, in der die vielen guten Ansätze zu einer umfassenden Krankenhausreform soweit verwässert werden, dass die grundlegenden Reformziele am Ende nicht erreicht werden und es heißen könnte: Hier wurde eine große Chance vertan.
Es ist und bleibt dringend notwendig und richtig, dass die Leistungsstrukturen der Krankenhäuser nach bundeseinheitlichen Kriterien verbindlich definiert und transparent gemacht werden sollen. Von einer verbesserten Versorgungsqualität würden Patientinnen und Patienten künftig klar profitieren. Aber im Gesetzentwurf sind zunächst nur sehr grobe Leistungsgruppen beschrieben. Für weitergehende, durchgreifende Änderungen mit einem echten Effekt für die Qualitätssicherung und die Finanzierung solle es erst später eine Rechtsverordnung geben, die dann auf die Zustimmung der Bundesländer angewiesen ist. Die Bundesländer haben sich jedoch bisher als die größten Verhinderer nachhaltiger Veränderungen der Versorgungsstrukturen gezeigt. Alle Erfahrungen der Vergangenheit lassen leider erwarten, dass damit nachhaltige Strukturveränderungen ausgebremst werden.
In dem Entwurf werden die etablierten Mechanismen der Qualitätssicherung und der Weiterentwicklung des Gesundheitswesens in Form der Richtlinienkompetenz des G-BA umschifft. Es zeigt sich einmal mehr, wie wichtig es wäre, die Partner der Selbstverwaltung, hier insbesondere die Deutsche Krankenhausgesellschaft und den GKV-Spitzenverband, intensiv in den Reformprozess einzubeziehen. Der GKV-Spitzenverband steht nach wie vor bereit, im Interesse einer nachhaltigen, am Patientenwohl orientierten Reform mitzuarbeiten. 73 Millionen gesetzlich Versicherte erwarten zu recht, dass die Vertretung ihrer Krankenkassen von der Politik bei einer so grundlegenden Reform intensiv einbezogen wird.
Bei der geplanten Vorhaltefinanzierung sind ebenfalls zahlreiche Ausnahmeregelungen für die Bundesländer geplant. Bisher haben es die Bundesländer nicht hinbekommen, ihre Krankenhausstrukturen an den tatsächlichen Bedarf anzupassen und umzubauen. Und sie zahlen die notwendigen Investitionen bis heute nicht in der verpflichtend vorgegebenen Höhe. Auch dafür gibt es in dem Gesetzentwurf keine Lösung. Wir sehen nicht, warum sich dies ändern sollte, solange die Vorgaben mit Ausnahmemöglichkeiten gespickt sind. Klare, bundeseinheitliche Vorgaben wären im Interesse des Patientenwohls. Es ist das falsche Signal, hier Umgehungsmöglichkeiten zu schaffen. So wird bereits in der Reform angelegt, dass auch nicht notwendige Strukturen, z. B. unnötige Fachabteilungen, erhalten werden. Bezahlen müssen diese unnötigen Strukturen dann die Krankenkassen aus den Beiträgen der Versicherten und Arbeitgeber. Was wir aber brauchen, sind bedarfsorientierte, an der tatsächlichen Bevölkerung orientierte Versorgungsangebote.
Ein Geldregen für veraltete Strukturen?
Ergebnis der langjährigen Untätigkeit der Bundesländer in Verbindung mit den sich ändernden medizinischen Notwendigkeiten ist, dass es nicht für alle Angebote der Häuser an jedem Standort einen medizinischen Bedarf gibt. Deshalb ist es inhaltlich falsch und unnötig teuer für die Beitragszahlenden, dass diese veralteten Strukturen nach dem Gießkannenprinzip gefördert werden sollen. Denn nichts anderes ist die geplante Erhöhung der Landesbasisfallwerte. Besser wird die Versorgung dadurch nicht, nur teurer.
Leichtfertiger Umgang mit Beitragsgeldern
In dem Gesetzentwurf werden hohe Einsparpotentiale bereits ab 2025 prognostiziert, deren konkrete Ableitung aber fehlt und ist lediglich wolkig beschrieben. Gleichzeitig sollen die Möglichkeit der Krankenkassen, Krankenhausabrechnungen zu prüfen, erneut geschwächt werden. Bei jährlichen Ausgaben von über 90 Milliarden für stationäre Behandlungen ist es geradezu absurd, dass die Krankenkassen per Gesetz daran gehindert werden sollen, systematisch und nachhaltig Rechnungen zu prüfen. Insgesamt erscheinen die im Gesetzentwurf genannten Entlastungen als Luftbuchungen.
Transformationsfonds vergreift sich an Beitragsgeldern
Mit dem Transformationsfonds haben Bund und Länder gemeinsam die Notwendigkeit betont, die Krankenhausstrukturen grundlegend zu ändern. Die Behauptung, dass die Hälfte der Kosten von insgesamt 50 Milliarden Euro der Bund trägt, ist jedoch ein Etikettenschwindel. Tatsächlich ist vorgesehen, dass die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler der gesetzlichen Krankenkassen diese zusätzlichen Ausgaben über Zusatzbeiträge bezahlen. Doch originär staatliche Aufgaben sind vom Bund und von den Ländern zu finanzieren. Der Auf- und Umbau der gesundheitlichen Infrastruktur ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
Die Kernfrage, nach welchem Zielbild sich die Krankenhausversorgung denn insgesamt weiterentwickeln soll, wird auch nach Lektüre des gesamten Gesetzentwurfes nicht beantwortet.“