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Kurzmeldungen aus der Kranken- und Pflegeversicherung sowie der Arbeit des GKV-Spitzenverbandes

Politik ignoriert Effizienzreserven mit dem Vor-Ort-Apothekengesetz

(18.07.2019) Das Bundeskabinett hat den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken und Rechtsverordnung zur Apothekenversorgung verabschiedet. Dabei schlägt die Regierung den falschen Weg ein: Statt vorhandene Effizienzreserven im System zu nutzen, sollen höhere Honorare der Apotheker mit zusätzlichem Geld der GKV-Beitragszahler in Höhe von mehr als 220 Millionen Euro finanziert werden. Damit ignoriert die Regierung Erkenntnisse aus einem vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) vorgelegten wissenschaftlichen Gutachten.

„Auch die gesetzlichen Krankenkassen machen sich für eine bessere Vergütung beim Nacht- und Notdienst für jene Apotheken stark, die für die Versorgung von Patienten in der Fläche notwendig sind. Ich denke da vor allem an Apotheken, die Menschen in strukturschwachen oder ländlichen Gegenden versorgen. Für eine solche gezielte Apothekenförderung ist aber bereits genug Geld im System vorhanden, wie das BMWi-Gutachten zeigt. Es muss nur anders verteilt werden“, so Stefanie Stoff-Ahnis, Vorstand beim GKV-Spitzenverband.

Das BMWi-Gutachten zeigte bereits 2017 auf, dass die gesetzlichen Krankenkassen für Leistungen der Apotheker insgesamt rd. 1Mrd. Euro mehr bezahlen, als bei einer kostendeckenden Vergütung eigentlich notwendig wäre. Außerdem kommt das Gutachten zu dem Schluss, dass angesichts der Überversorgung in städtischen Räumen und der Niederlassungsfreiheit der Apotheker eine Förderung immer differenziert erfolgen muss, selbst bei Apotheken, die möglicherweise von einer Schließung bedroht sind. Eine starke wirtschaftliche Gefährdung sei tatsächlich nur für einen kleinen Teil der Apotheken gegeben. Diese sollten, so die Gutachter, durch eine Umverteilung der Gelder innerhalb der Apothekerschaft selbst gestärkt werden.

Die künftige Rechtsverordnung und das „Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken“ nutzen diesen finanziellen Spielraum jedoch nicht. Vielmehr greifen sie lediglich jene Ergebnisse aus dem Gutachten auf, die Apothekern neue Verdienstoptionen eröffnen. Hinzu kommt, dass Apotheken von den im Gesetzentwurf vorgesehenen neuen pharmazeutischen Dienstleistungen sehr unterschiedlich profitieren würden. Vor allem Apotheken in attraktiven städtischen Lagen könnten diese Dienstleistungen erbringen. „Das geht eindeutig in eine verkehrte Richtung, denn es wäre nicht bedarfsorientiert“, so Stoff-Ahnis.

Gerade in strukturschwachen Regionen könnten Patienten z. B. von flexibleren Öffnungszeiten der Apotheke (derzeit gibt es eine strikte Vorgabe in der Apothekenbetriebsordnung) oder von einer verstärkten mobilen Versorgung profitieren. Dank der Digitalisierung ergeben sich weitere Ansatzpunkte zur besseren Patientenversorgung. So könnte bspw. Telepharmazie - analog zu telemedizinischen Modellen in der ärztlichen Versorgung - eine sichere Arzneimittelabgabe garantieren: Vor Ort müsste in diesen speziellen Apotheken nur eine pharmazeutische Fachperson anwesend sein, die bei Fragen aber den approbierten Apotheker in der Hauptapotheke via Teleassistenz zu schalten kann.

Außerdem sieht das „Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken“ vor, Onlineapotheken aus der EU zu verbieten, ihren Kunden aus Deutschland Rabatte einzuräumen. Das steht im Widerspruch zum Urteil des europäischen Gerichtshofes (EuGH) von 2016. Um dem Protest aus Brüssel zu entgehen, wird die Vorgabe für einen einheitlichen Abgabepreis für verschreibungspflichtige Medikamente aus dem Arzneimittelrecht ins Sozialgesetzbuch verschoben. Ob damit ein EuGH-Verfahren verhindert werden kann, ist juristisch zweifelhaft. Für die Vereinbarung tragfähiger Regelungen im Rahmenvertrag bedarf es allerdings einer europarechtskonformen gesetzlichen Grundlage.

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