82 Prozent der GKV-Versicherten erhalten eine mehrkostenfreie Hilfsmittelversorgung durch die gesetzlichen Krankenkassen. Lediglich 18 Prozent zahlen durchschnittlich 118 Euro dazu. Zu diesem Ergebnis kommt der erste Bericht des GKV-Spitzenverbandes über die von GKV-Versicherten gezahlten Mehrkosten bei Hilfsmitteln. Dieser erscheint von nun an jährlich zum 30. Juni.
In der öffentlichen Diskussion spielen für GKV-Versicherte Mehrkosten, die bei Hilfsmitteln selbst gezahlt werden, zu Recht immer wieder eine Rolle. Obgleich das Sachleistungsprinzip der GKV regelt, dass Versicherte eine ausreichende und bedarfsgerechte Versorgung ohne Mehrkosten erhalten. Der Gesetzgeber hat lediglich eine Selbstbeteiligung als Zuzahlung von mindestens 5 Euro, höchstens aber 10 Euro für jedes Hilfsmittel vorgesehen (siehe Hintergrundinformation am Ende der Seite).
Gernot Kiefer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes: „82 Prozent der GKV-Versicherten erhalten ihre Hilfsmittel mehrkostenfrei, das zeigt der aktuelle Mehrkostenbericht. Uns ist wichtig, dass unsere Versicherten für ihren Krankenkassenbeitrag eine hochwertige Hilfsmittelversorgung erhalten. Um hohe Qualität zu gewährleisten, schreiben wir das Hilfsmittelverzeichnis regelmäßig fort und berücksichtigen dabei auch den schnellen medizinisch-technischen Fortschritt.“
Datenlage bringt Transparenz in Mehrkostenzahlungen
Mit dem Mehrkostenbericht liegt eine umfassende Datenauswertung vor, die für Transparenz über gezahlte Mehrkosten bei Hilfsmitteln sorgt. Ausgewertet wurden 85 Prozent der Abrechnungsdaten von Versorgungsfällen aus dem 2. Halbjahr 2018; diese wurden kassenartenübergreifend und leistungserbringerneutral analysiert. Insgesamt handelt es sich um 15,3 Millionen Hilfsmittelversorgungen mit einem Ausgabevolumen um die 3,9 Milliarden Euro.
Für 2,5 Millionen der geleisteten Hilfsmittelversorgungen – das sind 18 Prozent – wurden Mehrkosten um die 303 Millionen Euro dokumentiert. Das sind Mehrkosten, die in der Zeit von Juni bis Dezember 2018 von GKV-Versicherten aus eigener Tasche gezahlt wurden - 2/3 (rund 198 Millionen Euro) davon nur für Hörhilfen. [Vgl. PM vom 24.06.2019 Mehrkosten bei Hörhilfen]
„Natürlich wird sich ein Teil unserer Versicherten auch weiterhin auf eigenen Wunsch für eine Versorgung mit Mehrkosten entscheiden. Wir wollen jedoch, dass diese Entscheidung für oder gegen Mehrkosten bewusst gefällt wird.
Kassen und Leistungserbringer müssen somit ein mehrkostenfreies Angebot vertraglich sicherstellen und umfassend beraten. Unsere Versicherten möchten wir anregen, sich auch selbst stärker zu informieren“, so Gernot Kiefer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes.
Gesetzgeber stärkt Versichertenrechte und Sachleistungsprinzip
Im April 2017 hat der Gesetzgeber mit dem Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz (HHVG) mehrere neue Maßnahmen beschlossen, um das Sachleistungsprinzip der gesetzlichen Krankenkassen und damit auch die Versichertenrechte zu stärken. Seitdem sind die Kassen angehalten, in den Verträgen mit den Leistungserbringern eine hinreichende Anzahl von mehrkostenfreien Hilfsmitteln festzulegen. Die Leistungserbringer müssen GKV-Versicherten mehrkostenfreie Hilfsmittel anbieten und diese über ihren Versorgungsanspruch (Sachleistungsprinzip) informieren.
Wünschen Versicherte eine zusätzliche Leistung außerhalb des Sachleistungsprinzips der GKV, sind die Leistungserbringer nunmehr verpflichtet, den Krankenkassen auch die Höhe der mit den Versicherten abgerechneten Mehrkosten mitzuteilen. Diese Maßnahmen sollen für mehr Transparenz über die im Hilfsmittelbereich gezahlten Mehrkosten sorgen und langfristig dabei helfen, ungerechtfertigte Mehrkosten zu verringern.
Hintergrundinformation: Zuzahlung und Mehrkosten bei Hilfsmitteln – Worin besteht der Unterschied?
Der Gesetzgeber hat festgelegt, dass gesetzlich Krankenversicherte sich mit einer Zuzahlung an Hilfsmitteln beteiligen: Der Eigenanteil beträgt für jedes Hilfsmittel mindestens 5 Euro und höchstens 10 Euro. Versicherte zahlen aber nie mehr als die tatsächlichen Kosten.
Die jährliche Eigenbeteiligung der Versicherten darf 2 Prozent der Bruttoeinnahmen nicht überschreiten. Gesonderte Regeln bzw. eine Zuzahlungsbefreiung gelten für chronisch Kranke, Empfänger von Arbeitslosengeld, Sozialhilfe oder Erwerbsminderungsrente.
Bei Mehrkosten handelt es sich hingegen um eine bewusst entschiedene Zahlung. Der Versicherte trägt diese Kosten allein, weil er sich im eigenen Interesse für zusätzliche Leistungen entscheidet. Diese Leistungen sind außerhalb des Sachleistungsprinzips der Krankenkassen und damit außerhalb des medizinisch Notwendigen, das Versicherte für ihre Krankenkassenbeiträge erhalten.