Berlin, 24.06.2019: Über 80 Prozent der Versicherten sind sehr zufrieden bzw. zufrieden mit ihrer Hörhilfenversorgung und ihrem neuen Hörgerät. Dies zeigt eine repräsentative Versichertenbefragung des GKV-Spitzenverbandes in Kooperation mit mehreren gesetzlichen Krankenkassen. Insgesamt nahmen 3.457 erwachsene GKV-Versicherte an der deutschlandweiten Befragung teil.
Gefragt wurde nach Beratungsqualität, Mehrkosten sowie Zufriedenheit. Es zeigt sich, dass jeder dritte gesetzlich Versicherte mit einer mehrkostenfreien Hörhilfenversorgung nach Hause geht. Aber auch, dass 70 Prozent der GKV-Versicherten Mehrkosten zahlen. Die durchschnittliche Mehrkostenhöhe für eine in den meisten Fällen beidohrige Versorgung beträgt 1.169 Euro. Und dass, obwohl Mehrkosten kein Garant für eine höhere Zufriedenheit sind: Ob mit oder ohne Mehrkosten – in beiden Fällen sind die Versicherten zu 81 Prozent mit ihrem neuen Hörgerät sehr zufrieden bzw. zufrieden.
Gernot Kiefer, Vorstand des GKV-Spitzenverbandes, betrachtet das Ergebnis somit auch ambivalent: „Der Zufriedenheitswert von über 80 Prozent unser befragten Versicherten zeigt uns, dass das Angebot für Beratung und Versorgung mit Hörhilfen für unsere Versicherten gut ist und mehrkostenfreie Geräte den Vergleich nicht scheuen müssen. Wir fragen uns aber, warum zwei Drittel unserer Versicherten Mehrkosten für ihre Hörgeräte zahlen. Hier gilt es, genauer nach den Ursachen für Mehrkosten zu fragen.“
22 Prozent der Versicherten wurde kein mehrkostenfreies Gerät angeboten
In der öffentlichen Diskussion spielt die Belastung der Versicherten mit Mehrkosten bei Hilfsmitteln zu Recht immer wieder eine Rolle. Das Sachleistungsprinzip der GKV regelt, dass Versicherte eine ausreichende und bedarfsgerechte Versorgung erhalten, ohne Mehrkosten zahlen zu müssen. Um dieses Grundprinzip der GKV sicherzustellen und die Mehrkosten für Versicherte zu senken, hat der GKV-Spitzenverband bereits im Juli 2013 den Festbetrag für schwerhörige Versicherte auf 733,59 Euro (ohne MwSt.) angehoben und damit nahezu verdoppelt. Gleichzeitig wurden in den Verträgen der Krankenkassen mit den Hörakustikern Regelungen zur Verbesserung der Information und Beratung der Versicherten über ihre Leistungsansprüche festgelegt: So muss Versicherten mindestens ein mehr-kostenfreies Gerät durch den Hörakustiker angeboten werden. Aus der Versichertenbefragung geht nun hervor, dass 87 Prozent der Befragungsteilnehmer über eine mehrkostenfreie Versorgungsoption informiert wurden und 69 Prozent diese auch explizit angeboten wurde.
„Inakzeptabel ist, dass 22 Prozent der befragten GKV-Versicherten kein mehrkostenfreies Gerät angeboten wurde. Für uns heißt das: Ein Teil unserer Versicherten braucht eine gezieltere ergänzende Beratung durch die Kassen. Jeder Versicherte soll informiert und abgewogen entscheiden können, ob er z.B. ein Hörgerät ohne oder mit Mehrkosten auswählt. Erst vor kurzem hat der Gesetzgeber daher die Versichertenrechte gestärkt: Leistungserbringer wie etwa Hörakustiker haben eine Beratungspflicht gegenüber GKV-Versicherten. Ebenso wurden die Kassen verpflichtet, die gesetzlichen und vertraglichen Pflichten der Leistungserbringer durch ein entsprechendes Vertragscontrolling stärker als bisher zu überwachen“, so Gernot Kiefer.
Die Erwartungshaltung beeinflusst die Bereitschaft Mehrkosten zu zahlen
Die Befragung zeigt, dass die Höhe der Mehrkosten sowohl von der Beratung und den Versorgungsangeboten der Hörakustiker als auch durch das Nachfrageverhalten der Versicherten beeinflusst wird.
Die Befragung identifizierte verschiedene Faktoren, die mit der Zahlung von Mehrkosten und ihrer Höhe in Zusammenhang stehen. Befragungsteilnehmer, die Mehrkosten antizipierten (84 Prozent), zahlten im Schnitt über 350 Euro mehr als die Personengruppe (64 Prozent), die keine Mehrkosten erwartet hat. Um durchschnittlich 127 Euro verringerten sich die Mehrkosten bei Versicherten, die über die Möglichkeit einer mehrkostenfreien Versorgung informiert wurden. Wurde ein mehrkostenfreies Hörgerät explizit angeboten, waren es sogar 243 Euro weniger. Versicherte, die mehr als einen Hörakustiker aufsuchten, zahlten im Schnitt 229 Euro weniger Mehrkosten: Aber lediglich 17 Prozent der Befragten ließen sich von mehreren Hörakustikern beraten. Entschieden sich Versicherte für einen überregionalen Filiallisten, verminderten sich die Mehrkosten im Schnitt um 311 Euro.
Mehrkostenfreie Geräte müssen den Vergleich nicht scheuen
Die Berechnungsgrundlage der Festbetragskalkulation stellt sicher, dass ein Drittel aller am Markt befindlichen Hörgerätekonfigurationen grundsätzlich zum Festbetrag abgegeben werden können. Diverse technische Merkmale sind bereits Standard bei allen Hörgeräten.
Mehrkostenfreie Geräte müssen gemäß den Anforderungen des Hilfsmittelverzeichnisses über mehrere Hörprogramme für unterschiedliche Hörsituationen und auch eine Störgeräusch- und Rückkopplungsunterdrückung verfügen. Zahlreiche Leistungserbringer bieten zudem auch Geräte mit zusätzlichen komfortverbessernden Merkmalen nach aktuellem technischem Stand mehrkostenfrei an.
Dazu gehören beispielsweise eine für die jeweilige Hörminderung kleinstmögliche Bauweise, eine Schnittstelle für Wireless-Anbindungen wie Bluetooth oder ein automatisches Richtmikrofon ebenso wie maßgefertigte individuelle Ohrpassstücke oder das automatische Anpassen an die besonderen Anforderungen beim Telefonieren.