PRESSEMITTEILUNG - BERLIN, 11.12.2013 Angebot an ambulanter Psychotherapie muss reformiert werden – Vorschläge der gesetzlichen Krankenkassen

GKV-Spitzenverband

Deutschland verfügt über ein beispiellos dicht ausgebautes, differenziertes und qualitativ hochwertiges System zur psychotherapeutischen Versorgung. Dieses wird weitestgehend durch die gesetzliche Krankenversicherung finanziert, zu deren Leistungskatalog die ambulante Psychotherapie für alle Versicherten selbstverständlich gehört. Versicherte erhalten die erforderliche psychotherapeutische Behandlung aufgrund des Solidarprinzips unabhängig von der jeweiligen individuellen Beitragszahlung. Einen Leistungsausschluss aufgrund von Vorerkrankungen gibt es, anders als bei der privaten Krankenversicherung, nicht.

Dennoch ist die Versorgung noch nicht überall so, wie es wünschenswert wäre. So sind in manchen Regionen deutlich mehr Psychotherapeuten tätig, als für die Versorgung der Bevölkerung benötigt werden, während gleichzeitig in anderen Regionen Psychotherapeuten fehlen. Auch die Wahl der Therapierichtung ist oftmals von Zufällen, wie z. B. einem freien Therapieplatz, bestimmt, statt über eine fachlich begründete Auswahl.

Ausgehend von dieser Problemstellung hat der GKV-Spitzenverband ein Reformpapier mit konkreten Lösungsvorschlägen beschlossen.

„Weniger Bürokratie, orientierende Sprechstunden für die Patienten und ein Ende der Genehmigungspflicht für die Kurzzeittherapie sollen die Versorgung besser machen und die Wartezeiten verkürzen“, so Johann-Magnus v. Stackelberg, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes.

Förderung der sogenannten Kurzzeittherapie

Charakteristisch für die bisherige Struktur des Angebots an ambulanter Psychotherapie ist die Bindung an sehr eng gefasste Antrags- und Bewilligungsschritte. Je nach Psychotherapie-Verfahren werden unterschiedliche Kontingente an Behandlungsstunden durch den Versicherten beantragt und – ggf. nach Prüfung durch einen Gutachter – von den Krankenkassen bewilligt. Der Vorschlag zur Neugliederung sieht vor, Anreize zur Erbringung von sogenannten Kurzzeittherapien zu schaffen, indem auf das Antrags- und Bewilligungsverfahren in diesem Segment verzichtet wird. Der Versicherte kann das Angebot über seine Krankenversichertenkarte wie andere Leistungen auch in Anspruch nehmen; der Therapeut wird von einer Berichtspflicht bei Kurzzeittherapie generell befreit. Eine Kurzzeittherapie ist auf 22 Therapiestunden angelegt.

Die Förderung der sogenannten Kurzzeittherapie soll dabei nicht zu Lasten der Langzeittherapie gehen. Nach wie vor ist es möglich, aus der Probatorik direkt in die individuelle Langzeittherapie, beispielsweise eine Psychoanalyse, überzuleiten und diese dann – nach Gutachterbefürwortung - im bisher möglichen Stundenumfang von bis zu 300 Therapiestunden durchzuführen. Bei den Regeln und der bisherigen Praxis für die Genehmigung und Durchführung von Langzeittherapien sind keine Änderungen geplant.

Einführung einer Sprechstunde

Patienten, die eine Psychotherapie benötigen, geraten heute eher zufällig an eine bestimmte Therapierichtung. Ob jedoch eine Verhaltenstherapie, eine tiefenpsychologische Behandlung, eine Psychoanalyse oder etwas ganz anderes der richtige Weg ist, zeigt sich in der Regel erst zu Beginn einer Behandlung. Damit der Versicherte auch das jeweils richtige, d. h. seiner Erkrankung adäquate Behandlungsangebot erhält, ist eine orientierende Sprechstunde bei einem Psychotherapeuten vor Beginn einer Behandlung vorgesehen. Es geht hierbei vor allem darum, über die verschiedenen Therapieformen zu informieren, aber auch darum, herauszufinden, ob eher eine stationäre oder medikamentöse Behandlung indiziert ist oder ob eventuell eine Selbsthilfegruppe besser geeignet wäre.

Einführung einer Reflektionsphase

Psychotherapie ist keine Krisenintervention. Eine psychotherapeutische Therapie ist auf einen langfristigen Behandlungserfolg ausgerichtet. Die im Konzept der Krankenkassen vorgesehene „Mindestwartezeit“ zwischen einem ersten und dem darauf folgenden Stundenkontingent, also nach der 12. Therapiestunde, eröffnet dem Patienten die Möglichkeit einer Überprüfung der Sinnhaftigkeit des Lösungsweges psychotherapeutische Behandlung. Denn nach Beschreibung vieler Psychotherapeuten findet Psychotherapie ganz wesentlich als Auseinandersetzung des Patienten mit sich und seiner Situation zwischen den Sitzungen statt. Auswertungen von Daten der Krankenkassen zeigen zudem: In vielen Fällen reduziert sich nach einer initialen Phase mit hoher Sitzungsfrequenz die Häufigkeit des Aufsuchens eines Psychotherapeuten oder die Therapie kann ggf. erfolgreich abgeschlossen werden.

„Die sechswöchige Wartezeit zwischen den beiden Therapiephasen ist eine kurze Zeit des Innehaltens und der Reflektion des Therapeuten wie auch des Patienten darüber, ob der eingeschlagene Weg wirklich der richtige ist“, so v. Stackelberg.

Förderung der Gruppenpsychotherapie

Bisher werden lediglich zwei bis drei Prozent aller ambulanten Therapien als Gruppentherapien durchgeführt; im stationären Kontext sind Gruppen der Standard. Wir wollen das Angebot an Gruppenpsychotherapie im ambulanten Bereich verbessern. Zum einen sollen gruppentypische Wirkfaktoren genutzt werden, zum anderen kann damit in kürzerer Zeit mehr Versicherten geholfen werden.

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