In der Notaufnahme soll nach Vorschlägen der Regierungskommission künftig besser zwischen leichteren und schwereren Notfällen unterschieden werden. Leichtere Notfälle kommen direkt in eine ambulante Notdienstpraxis, schwerere Fälle in die Notaufnahme. Schnittstelle ist ein gemeinsamer Tresen von Klinik und Kassenärztlicher Vereinigung (KV). Eine Simulation des GKV-Spitzenverbands hat jetzt ergeben: Für eine flächendeckende Versorgung wären bundesweit etwa 730 solcher Integrierten Notfallzentren (INZ) nötig – das sind mehr, als die Regierungskommission vorschlägt. Entscheidend neben der Anzahl ist die am Bedarf der Bevölkerung orientierte Verteilung der INZ. Demnach muss in Städten eine Auswahl aus mehreren qualifizierten Kliniken getroffen werden, während in ländlichen Regionen auch kleinere Häuser ein INZ bekommen müssen. Seine Vorschläge für eine bedarfsgerechte Planung und Ausstattung von INZ hat der GKV-Spitzenverband jetzt in einem Papier veröffentlicht.
Stefanie Stoff-Ahnis, Vorstand beim GKV-Spitzenverband: "Für eine bedarfsgerechte Notfallversorgung brauchen wir in Zukunft rund 730 Integrierte Notfallzentren deutschlandweit. Unsere Simulation entwickelt die Ideen der Regierungskommission entsprechend weiter: Entscheidend ist eine bessere Verteilung in ländlichen Gebieten, damit für alle Menschen ein Integriertes Notfallzentrum in erreichbarer Nähe liegt. Gleichzeitig ist der Überversorgung in Ballungsräumen zu begegnen – allein schon, um nur die Fachkräfte zu beschäftigen, die wirklich gebraucht werden.“
Vorschläge der Regierungskommission greifen zu kurz
Laut Regierungskommission reichen bundesweit etwa 450 INZ aus. Das würde jedoch nach Berechnungen des GKV-Spitzenverbands dazu führen, dass 12 Millionen Menschen (15 Prozent der Bevölkerung) länger als 30 Minuten fahren müssten, um das nächste INZ zu erreichen. Die Regierungskommission empfiehlt grundsätzlich, INZ in Krankenhäusern mit umfassender und erweiterter Notfallstufe einzurichten. Das würde zu erheblichen Überkapazitäten in den Städten führen und reicht nach der Simulation des GKV-Spitzenverbands nicht aus, um überall auf dem Land eine bedarfsgerechte Versorgung zu gewährleisten. Stattdessen müssen auch Kliniken mit Basisnotfallstufe einbezogen werden. Hierfür macht die Kommission keine konkreten Vorschläge.
Bestehende Notdienstpraxen berücksichtigen
Es gibt in deutschen Krankenhäusern bereits etwa 550 KV-Notdienstpraxen, die bei der Planung der INZ berücksichtigt werden können. Somit bleibt ein Bedarf an 180 zusätzlichen INZ-Standorten. Bei den bestehenden Praxen gilt es jedoch zu bedenken, dass diese meist nur in den sprechstundenfreien Zeiten geöffnet sind. Für eine optimale Notfallversorgung könnten an ausgewählten Kliniken mit hohen Fallzahlen zusätzlich vertragsärztliche Niederlassungen erforderlich sein, um die Notdienstpraxis dort auch tagsüber zu besetzen.
Bundeseinheitliche Kriterien festlegen
Aus Sicht des GKV-Spitzenverbands müssen INZ anhand bundeseinheitlicher Kriterien geplant werden. Diese sollten sowohl die notwendigen Standorte als auch die Öffnungszeiten der Notdienstpraxen definieren. Hinzu kommen Mindeststandards für die technische und personelle Ausstattung. Die bundeseinheitlichen Vorgaben sollten durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) gemacht werden. KV-Notdienstpraxen betreffen den Sicherstellungsauftrag der KV, was eine Regelungskompetenz des G-BA im Rahmen der Bedarfsplanung gut begründen könnte. Ein Eingriff in die Hoheit der Länder über die Krankenhausplanung bestünde hier nicht.
Regeln für Kooperation zwischen Klinik und Notfallpraxis formulieren
Für einen gemeinsamen Tresen schließen sich Krankenhaus und KV zusammen. Deren Kooperations-Vereinbarung sollte ebenfalls auf bundeseinheitlichen Kriterien basieren und dem Krankenhaus Konsequenzen ermöglichen, wenn die KV ihrem Sicherstellungsauftrag nicht nachkommt.
Hintergrund zur GKV-Simulation
Grundlage der Simulation des GKV-Spitzenverbandes ist zum einen eine bundeseinheitliche Verhältniszahl, also die je Ärztin oder Arzt zu versorgende Bevölkerung in einer Region. Zum anderen sind folgende maximale Kapazitäten je KV-Notdienstpraxis angenommen worden: Bei KV-Notdienstpraxen an Krankenhäusern mit Basisnotfallstufe je zwei Ärztinnen und Ärzte, bei KV-Notdienstpraxen an Krankenhäusern mit erweiterter und umfassender Notfallstufe je fünf Ärztinnen und Ärzte. Es wird von einer Planung auf Kreisebene, für Berlin und Hamburg von einer Planung auf Bezirks- bzw. Stadtteilebene ausgegangen. Die Auswahl berücksichtigt die Notfallstufen, die stationären Fallzahlen, den Status als Sicherstellungshaus und das Vorhandensein von KV-Notdienstpraxen.