„Eine außergewöhnliche Infektionswelle trifft auf eine Krankenhauslandschaft, die den dringend notwendigen Strukturwandel noch vor sich hat.“ So bringt Dr. Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, im Interview mit der Rheinischen Post die Ursache für die gewaltigen Probleme in den Kliniken auf den Punkt.
Notaufnahmen reformieren
Gerade in den Notaufnahmen wird deutlich, wie verfahren die Situation ist. „Der Reformbedarf bei den Notfallstrukturen ist offensichtlich“, so die Vorstandsvorsitzende zur Rheinischen Post. „Wir brauchen regelhaft eine Kombination aus ambulanter Notfallpraxis und der Krankenhaus-Notaufnahme. Angesiedelt an geeigneten Krankenhäusern, die entsprechenden Qualitätskriterien entsprechen müssen. Als Empfang dient ein ,gemeinsamer Tresen‘. Dort erfolgt eine professionelle Ersteinschätzung und dann geht es direkt weiter in die richtigen medizinischen Hände. Echte Zusammenarbeit ist gefordert, damit die Patientinnen und Patienten so versorgt werden, wie sie es brauchen.“
Kurzfristmaßnahmen und grundlegende Krankenhausreform notwendig
Mit Blick auf die aktuelle Situation in den Kliniken und Notaufnahmen betont Pfeiffer im Interview: „Ich bin den Pflegekräften und den Ärztinnen und Ärzten für ihr großes Engagement vor Ort sehr dankbar. Sie baden gerade aus, was gesundheitspolitisch über viele Jahre versäumt wurde. Kurzfristig werden die zusätzlichen Millionen, die kurz vor Weihnachten für die Kinderkliniken beschlossen wurden, etwas Linderung verschaffen. Für den Januar haben wir zusätzliche Maßnahmen beschlossen, um die Kinderstationen zu entlasten. Dadurch können Kinder im Fall einer ärztlichen Empfehlung schneller entlassen werden, um Betten für andere Kinder frei zu machen. Aber wir brauchen insgesamt eine mutige Krankenhausreform und ich bin sehr froh, dass die Krankenhauskommission Mitte Dezember gute Vorschläge unterbreitet hat.“
Regierungspläne gehen in die richtige Richtung
„Die Richtung stimmt“, lautet die pointierte Gesamtbewertung der Krankenhaus-Reformpläne aus dem Bundesgesundheitsministerium. Dass es neben den Fallpauschalen für die konkreten Behandlungen künftig eine Vorhaltefinanzierung geben solle, also Geld dafür, dass Behandlungskapazitäten bereitgehalten werden, begrüßt Pfeiffer. „Es wäre allerdings wenig hilfreich, neben der Pflege jetzt weitere Bereiche, wie z. B. die Kinderversorgung, komplett aus den Fallpauschalen herauszunehmen. Vielmehr sollte das ganze System stärker auf Qualität ausgerichtet werden. Es ist schwer erträglich, dass immer noch tausende Menschen Jahr für Jahr eine Krebsoperation in einer Klinik bekommen, die dafür nicht gut geeignet ist. Das muss sich ändern und das soll sich nun endlich ändern. Das stimmt mich optimistisch.“
Ohne mehr Personal geht es nicht
Die Kombination aus besseren Arbeitsbedingungen in den Kliniken und mehr Ausbildung sei der Schlüssel zu mehr Personal, so Pfeiffer im RP-Interview. „Da die gesetzlichen Krankenkassen für jede Pflegekraft das Tarifgehalt voll gegenfinanzieren, kann es daran zumindest nicht liegen“, hebt Pfeiffer gegenüber der Rheinischen Post hervor. „Übrigens hat Deutschland im internationalen Vergleich überdurchschnittlich viele Pflegekräfte. Wir haben allerdings im Vergleich zu viele Krankenhausfälle, weil zu wenige Patienten ambulant versorgt werden“, ergänzt die Vorstandsvorsitzende.
Praktiker der Selbstverwaltung einbeziehen
„Jetzt kommt es darauf an, dass nach den theoretischen Überlegungen die Praktiker der gemeinsamen Selbstverwaltung, wie die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der GKV-Spitzenverband, in die praktische Konzeption eingebunden werden“, hebt Pfeiffer im Gespräch mit der Rheinischen Post mit Blick auf die 2023 dringend notwendige große Krankenhausreform hervor.