Die maßgeblichen Hebammenverbände und der GKV-Spitzenverband haben sich auf neue Kriterien für Geburten bei gesetzlich versicherten Schwangeren im häuslichen Umfeld geeinigt. Damit haben die Verhandlungspartner einen jahrelangen Konflikt über die Kriterien bei der Betreuung von Hausgeburten erfolgreich für alle Beteiligten gelöst. Dies gelang mit der umfangreichen Unterstützung durch die Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaften und den Medizinischen Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V..
Der neue Kriterienkatalog soll Schwangeren wie freiberuflichen Hebammen helfen, den richtigen Geburtsort zu finden. Während bei Schwangeren ohne oder mit nur geringen medizinischen Risiken nichts gegen eine Geburt außerhalb einer Klinik spricht, sieht es bei Frauen mit bestimmten Vorerkrankungen oder komplizierteren Schwangerschaftsverläufen anders aus. Die individuelle Risikoeinschätzung von Mutter und Kind ist dabei als Prozess zu verstehen, so dass sich die Wahl des Geburtsortes im Laufe der Schwangerschaft ändern kann. Die Kriterien gelten seit dem 1. April 2020 und lösen die 2015 vereinbarten Ausschlusskriterien ab. Sie sind für freiberuflich tätige Hebammen verbindlich, damit sie Hausgeburten mit der gesetzlichen Krankenversicherung der Schwangeren abrechnen können.
Deutschland erreicht mit den neuen Kriterien einen Standard, der weltweit gelebt wird. Bei den Hausgeburten wird zwischen absoluten und relativen Kriterien unterschieden:
- Absolute Kriterien: Die Risiken aus der erhobenen Krankengeschichte der Schwangeren und aktuelle Untersuchungsbefunde schließen eine Geburt im häuslichen Umfeld aus oder
- Relative Kriterien: Die bestehenden medizinischen Risiken müssen durch eine Fachärztin oder einen Facharzt abgeklärt und ggf. zusätzlich im Team beurteilt werden, schließen eine Geburt im häuslichen Umfeld aber nicht generell aus.
Eine Geburt im häuslichen Umfeld ist nach der Vereinbarung zwischen den Hebammenverbänden und dem GKV-Spitzenverband z. B. nicht möglich, wenn eine Unverträglichkeit der Blutgruppen von Mutter und Kind besteht oder die Schwangere Diabetes hat und sich Insulin spritzen muss. Keinen generellen Ausschluss sehen die Kriterien dagegen z. B. bei einer Beckenanomalie vor oder wenn das Kind im Verhältnis zum anatomischen Geburtskanal der Mutter relativ groß ist. Überschreitet die Schwangere den gesichert errechneten Geburtstermin um mehr als eine Woche, erfolgt ein fachärztliches Konsil (41 Schwangerschaftswochen +/- zwei Tage) und es wird über das weitere Vorgehen bis zur vollendeten 42. Schwangerschaftswoche entschieden.