Gestern Abend haben sich die Ärzte und der Schlichter gegen die Stimmen der Kassen geeinigt. Das Ergebnis führt zu einer Gesamtbelastung der Beitragszahler von mindestens 2,5 Milliarden Euro. Weil in dem entscheidenden Beschlussgremium, dem Erweiterten Bewertungsausschuss, mit einfacher Mehrheit entschieden werden kann, konnten die Kassen diese neuen Belastungen der Beitragszahler nicht verhindern.
„Dieser einmaligen Honorarerhöhung konnten und wollten die Krankenkassen nicht zustimmen. Die Chance für eine Qualitätsverbesserung in der ambulanten Versorgung wurde vertan. Nachdem die Politik durch ihre öffentlichen Zusagen den Verhandlungsspielraum auf ein kaum erträgliches Maß eingeschränkt hatte, ist sie nun in der Pflicht, ihre Zusage gegenüber den Beitragszahlern einzuhalten. Der Einheitsbeitrag muss von der Bundesregierung so festgesetzt werden, dass die Versorgung der Versicherten ohne Zusatzprämien finanziert werden kann. Es muss das erste und das letzte Mal gewesen sein, dass die Politik so massiv in die Verhandlungen zwischen Ärzten und Krankenkassen eingegriffen hat. Wir wollen kein staatliches Gesundheitswesen. Ich bin erstaunt, dass die Ärzte, die sich gerne als >freier Beruf< verstehen, immer nach dem Staat rufen, wenn es um ihr eigenes Einkommen geht“, so Johann-Magnus von Stackelberg, stellvertretender Vorsitzender des Vorstands des GKV-Spitzenverbandes und Verhandlungsführer der Krankenkassen.
Mit dem alten Märchen, dass gegen Ende eines Quartals die Ärzte praktisch umsonst arbeiten, muss spätestens mit dem heutigen Tage Schluss sein. Jede ärztliche Leistung auf der Basis des Leistungskatalogs wurde und wird von den Krankenkassen bezahlt. Und jetzt wird das insgesamt gute Honorar sogar noch weiter steigen. Durch diesen Beschluss klettert das durchschnittliche Brutto-Einkommen eines niedergelassenen Arztes nach Abzug aller Praxiskosten von bisher schon über 120.000 Euro um rund 15.000 Euro pro Jahr. „Die Tinte unter dieser einmaligen Honorarsteigerung ist noch nicht trocken, da wird sie schon von den Ärzteverbänden als >Tropfen auf den heißen Stein< bezeichnet. Haben die Ärzteverbände denn nie genug?“ so Johann-Magnus von Stackelberg.
Ein zentrales Argument für diese überzogene Honorarerhöhung war die angebliche Steigerung der Morbidität der Bevölkerung in Deutschland von 5,1 Prozent im Vergleich von 2008 zu 2009. Dies ist völlig überzogen und lediglich ein konstruiertes Hilfsargument, um diese Honorarerhöhung irgendwie zu begründen.
Die Ärzte sollten nun wenigstens einen Teil der mehr als 2,5 zusätzlichen Milliarden Euro, die aus den Portemonnaies der Beitragszahler stammen, in die bessere Praxisorganisation investieren, damit die langen Wartezeiten in den Praxen kürzer werden. So würden die Mehrausgaben der Krankenkassen für höhere Arzthonorare wenigstens teilweise den Patientinnen und Patienten zu gute kommen.
„Wir konnten zumindest durchsetzen“, so von Stackelberg, „dass das Vergütungsniveau für Präventionsleistungen stabil gehalten und nicht durch die Einführung des gesetzlich vorgesehenen bundeseinheitlichen Orientierungspunktwertes abgesenkt wird. So muss man es schon als Erfolg werten, wenn im Zuge der Honorarsteigerung die Vorsorge nicht verschlechtert wird.“
Der GKV-Spitzenverband ist der Verband aller gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen. Als solcher gestaltet er den Rahmen für die gesundheitliche Versorgung in Deutschland; er vertritt die Pflege- und Krankenkassen und damit auch die Interessen der 70 Millionen Versicherten und Beitragszahler auf Bundesebene gegenüber der Politik, gegenüber Leistungserbringern wie Ärzten, Apothekern oder Krankenhäusern. Der GKV-Spitzenverband übernimmt alle nicht wettbewerblichen Aufgaben in der Kranken- und Pflegeversicherung auf Bundesebene. Der GKV-Spitzenverband ist der Spitzenverband Bund der Krankenkassen gemäß § 217 SGB V.