PRESSEMITTEILUNG - BERLIN, 14.07.2021 GKV-Versicherte werden zu 80 Prozent mehrkostenfrei mit Hilfsmitteln versorgt

GKV-Spitzenverband

Annähernd 80 Prozent der GKV-Versicherten erhalten eine mehrkostenfreie Hilfsmittelversorgung durch die gesetzlichen Krankenkassen. Rund 20 Prozent zahlen durchschnittlich 132 Euro dazu. Zu diesem Ergebnis kommt der diesjährige Bericht des GKV-Spitzenverbandes über die von GKV-Versicherten gezahlten Mehrkosten bei Hilfsmitteln.

Gernot Kiefer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes: „Der dritte Mehrkostenbericht kommt erneut zu dem Ergebnis, dass ca. 80 Prozent der gesetzlich Versicherten ihre Hilfsmittel mehrkostenfrei erhalten. Damit zeigt sich eine Tendenz, die durchaus positiv zu bewerten ist. Dem GKV-Spitzenverband ist es wichtig, dass die Versicherten für ihren Krankenkassenbeitrag eine hochwertige Hilfsmittelversorgung mehrkostenfrei erhalten. Um die hohe Qualität zu gewährleisten, schreiben wir das Hilfsmittelverzeichnis regelmäßig fort und berücksichtigen somit den schnellen medizinisch-technischen Fortschritt.“

In der öffentlichen Diskussion spielen Mehrkosten, die bei Hilfsmitteln von GKV-Versicherten selbst gezahlt werden, zu Recht immer wieder eine Rolle. Gemäß dem für die gesetzliche Krankenversicherung geltenden Sachleistungsprinzip, sollen gesetzlich Versicherte eine ausreichende und bedarfsgerechte Versorgung ohne Mehrkosten erhalten. Der Gesetzgeber hat lediglich eine Selbstbeteiligung als Zuzahlung von mindestens 5 Euro, höchstens aber 10 Euro für jedes Hilfsmittel vorgesehen. Gezahlte Mehrkosten sind also eine freiwillige Entscheidung der Versicherten. Versicherte haben bei der Versorgung mit Hilfsmitteln die gesetzlich eingeräumte Möglichkeit, auch über das Maß des medizinisch Notwendigen hinausgehende Ausstattungen bzw. Leistungen zu wählen, müssen dann aber entsprechende Mehrkosten selbst tragen.

Datenlage bringt wichtige Transparenz in Mehrkostenzahlungen

Mit dem dritten Mehrkostenbericht liegt eine umfassende Datenauswertung zu den im Jahr 2020 gezahlten Mehrkosten vor. Ausgewertet wurden rund 95 Prozent der Abrechnungsdaten von Versorgungsfällen der verschiedenen Kassenarten aus dem Jahr 2020; diese wurden leistungserbringerneutral analysiert. Insgesamt handelt es sich um 28 Millionen Hilfsmittelversorgungen mit einem Ausgabevolumen der Krankenkassen von rund 9 Milliarden Euro.

Die erhobenen Daten liefern nach wie vor keine Erkenntnisse, weshalb sich Versicherte für ein Hilfsmittel mit Mehrkosten entscheiden. Der GKV-Spitzenverband fordert daher eine Rechtsgrundlage, wonach auch qualitative Daten von Leistungserbringenden zu liefern sind, um im Falle von Fehlentwicklungen gezielte Maßnahmen ergreifen zu können. Anhand dieser Daten sollen Rückschlüsse getroffen werden, aus welchen Gründen sich Versicherte zum Abschluss von Mehrkostenvereinbarungen entschieden haben.

Mehrkosten bei jedem fünften Hilfsmittel

Über alle Produktgruppen hinweg, von Inkontinenzhilfen über Armprothesen bis hin zu Gehhilfen und Atemtherapiegeräten, wurden bei rund 5,7 Millionen Hilfsmittelversorgungen Mehrkosten dokumentiert. Das entspricht einem Anteil von ca. 20 Prozent an allen Hilfsmittelversorgungen. Die Summe aller dokumentierten Mehrkosten betrug rund 746 Millionen Euro, die durchschnittliche Höhe der angefallenen Mehrkosten lag bei 132 Euro. Dabei ist die Bandbreite der Mehrkostenhöhe außerordentlich groß. Lag sie im vergangenen Jahr z. B. bei Hörhilfen bei durchschnittlich 1.234,28 Euro, waren es bei Einlagen Mehrkosten von 32,40 Euro und bei Toilettenhilfen 48,23 Euro. In rund 80 Prozent der Versorgungsfälle fielen allerdings überhaupt keine Mehrkosten an.

„Die Abgrenzung zwischen dem, was medizinisch notwendig ist und damit solidarisch finanziert wird, und dem, was mehr in den Bereich der Komfortleistungen gehört, ist immer wieder eine Herausforderung. Einlagen sind dafür ein Beispiel: Versicherten beschwerdefreies Gehen zu ermöglichen, wird von der Solidargemeinschaft finanziert. Spezielle Sporteinlagen für die Hochgebirgswanderung sind hingegen eher eine Komfortleistung, für die dann Mehrkosten anfallen können.

Mehrkosten sind Ausdruck der Wahlfreiheit der Versicherten. Wir wollen, dass die Entscheidung für oder gegen eine Versorgung mit Mehrkosten bewusst gefällt wird. Diese Entscheidung darf nicht durch eine interessengeleitete Beratung dahingehend beeinflusst werden, sich für Hilfsmittel zu entscheiden, die mit Mehrkosten verbunden sind“, so Gernot Kiefer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes.

Leistungserbringende müssen aktiv informieren

Aufgrund des 2017 beschlossenen Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetzes (HHVG) sind die Anbieter der Gesundheitsleistungen verpflichtet, GKV-Versicherten immer mehrkostenfreie Hilfsmittel anzubieten und diese über ihren Versorgungsanspruch (Sachleistungsprinzip) zu informieren.

Wünschen Versicherte eine zusätzliche Leistung außerhalb des Sachleistungsprinzips der GKV, sind die Leistungserbringenden zudem verpflichtet, den Krankenkassen auch die Höhe der mit den Versicherten abgerechneten Mehrkosten mitzuteilen. Diese Maßnahmen sollen für mehr Transparenz über das Ausmaß der im Hilfsmittelbereich gezahlten Mehrkosten sorgen und langfristig dabei helfen, ungerechtfertigte Mehrkosten zu verringern. Die Mehrkostenberichte des GKV-Spitzenverbandes bieten hierfür wichtige Anhaltspunkte.

Zuzahlung und Mehrkosten bei Hilfsmitteln – Worin besteht der Unterschied?

Der Gesetzgeber hat festgelegt, dass gesetzlich Krankenversicherte sich mit einer Zuzahlung an Hilfsmitteln beteiligen. Der Eigenanteil beträgt für jedes Hilfsmittel mindestens 5 Euro und höchstens 10 Euro. Versicherte zahlen aber nie mehr als die tatsächlichen Kosten, falls ein Hilfsmittel günstiger als 5 Euro sein sollte. Bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln ist die Zuzahlung auf höchstens 10 Euro im Monat begrenzt. Die jährliche Eigenbeteiligung der Versicherten darf zwei Prozent der Bruttoeinnahmen nicht überschreiten. Außerdem gibt es bestimmte Ausnahme- und Härtefallregelungen.

Bei Mehrkosten handelt es sich hingegen um eine bewusst entschiedene Zahlung. Versicherte nutzen hier die Möglichkeit, eine Versorgung über das Maß der medizinisch notwendigen Ausstattung auszuwählen, müssen dann aber entsprechende Mehrkosten selbst tragen. Der Versicherte trägt diese Kosten allein, weil er sich im eigenen Interesse für zusätzliche Leistungen entscheidet. Diese Leistungen sind außerhalb des Sachleistungsprinzips der Krankenkassen und damit außerhalb des medizinisch Notwendigen, das Versicherte für ihre Krankenkassenbeiträge erhalten.

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