In Deutschland gibt es im internationalen Vergleich besonders viele Krankenhäuser, Arztpraxen und medizinische Geräte. Damit sind ein umfassendes Versorgungsangebot und der schnelle Zugang zu medizinischen Leistungen verbunden. Die Qualität der Versorgung in diesen Einrichtungen ist jedoch vielfach sehr unterschiedlich. Wer gut und wer schlecht arbeitet, ist oft unbekannt. Der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes hat ein Positionspapier zur qualitätsorientierten Versorgungssteuerung und –vergütung beschlossen, um die notwendige Diskussion voranzubringen.
Dazu erklärt die Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes Dr. Doris Pfeiffer: „Je mehr wir über die Qualität einer medizinischen Leistung wissen, desto eher kann die Versorgung kranker Menschen verbessert werden. Ohne Qualitätsmessung und ohne Qualitätstransparenz können wir nur darüber spekulieren, ob Leistungen gut oder schlecht sind.
Wir haben in Deutschland eines der besten Gesundheitssysteme der Welt. Umso unverständlicher ist es, dass die Patienten nur in wenigen Bereichen die Chance haben, sich über die Qualität zu informieren. Es ist die gemeinsame Aufgabe aller Akteure im Gesundheitswesen – von den Ärzten und Kliniken über die Krankenkassen bis hin zur Politik – dafür zu sorgen, dass die Qualität von medizinischen Leistungen transparenter wird als sie es heute ist. Unsere Vorschläge dafür liegen auf dem Tisch.“
Strukturvorgaben als Instrument der Qualitätssicherung
Das Einsetzen einer künstlichen Herzklappe gehört mittlerweile zu den Standardeingriffen in deutschen Kliniken. Bei der konventionellen Methode wird der Brustkorb des Patienten geöffnet. Für Patienten, die z. B. wegen ihres hohen Alters und schwerer Begleiterkrankungen nicht operiert werden können, gibt es seit einigen Jahren eine neue Technik, die kathetergestützte Aortenklappentransplantation, kurz TAVI. Dabei wird der Brustkorb nicht geöffnet, stattdessen wird die künstliche Herzklappe mit Hilfe eines Katheters eingeführt und entfaltet sich im Herzen. Allerdings ist die Sterblichkeit im Krankenhaus bei der kathetergestützten Implantation mit 5,7 % hoch, u. a. auch deshalb, weil hauptsächlich schwer Erkrankte und multimorbide Patienten damit behandelt werden. Daher gibt es den internationalen wissenschaftlichen Konsens, dass dieser Eingriff nicht ohne eine herzchirurgische Fachabteilung im behandelnden Krankenhaus durchgeführt werden soll, damit bei Komplikationen rechtzeitig reagiert werden kann und riskante Patiententransporte für eine Notoperation vermieden werden.
Die Realität in Deutschland sieht allerdings so aus, dass pro Jahr 17 Krankenhäuser in rund 400 Fällen eine kathetergestützte Aortenklappenimplantation durchführen, ohne dass eine herzchirurgische Fachabteilung in dem Krankenhaus vorhanden ist. Dazu erklärt Dr. Doris Pfeiffer: „Das Beispiel der künstlichen Herzklappen zeigt deutlich, dass wir zwingende Strukturvorgaben brauchen, damit die Krankenhäuser nicht zulasten der Patientensicherheit von wissenschaftlichen Standards abweichen. “
Qualität muss sich lohnen
Gute Arbeit soll sich künftig für Kliniken mehr lohnen als schlechte. Deshalb muss sich das Gesundheitssystem schrittweise dahin bewegen, dass die Qualität einer medizinischen Leistung Einfluss auf die Höhe der Vergütung hat. Doris Pfeiffer: „Die Messung der Qualität einer medizinischen Leistung ist alles andere als einfach. Wenn beispielsweise eine Klinik überdurchschnittlich gut ist, werden viele besonders schwere Erkrankte zu ihr kommen. Deshalb könnte es passieren, dass die Erfolgsquote der Behandlungen sinkt. Notwendig ist bei Qualitätsvergleichen deshalb eine Berücksichtigung des Schweregrades (Risikoadjustierung). Das ist nicht immer einfach. Aber allein die Tatsache, dass es anspruchsvoll ist, die Qualität von medizinischen Leistungen zu messen, darf nicht dazu führen, dass wir es nicht angehen. Wir brauchen eine Katalog von klar umgrenzten medizinischen Eingriffen, um das System einer qualitätsorientierten Vergütung schrittweise einzuführen und Erfahrungen damit zu sammeln.“