Gegenstand
Erprobung personenbezogener Budgets - insbesondere mit dem Ziel der Flexibilisierung individueller Pflege- und Betreuungsarrangements einschließlich struktureller Anforderungen
Projektnehmer
Kontaktstelle für praxisorientierte Forschung, Fachhochschule Freiburg
Projektadresse:
AGP an der Evangelischen Fachhochschule Freiburg
Bugginger Straße 38
79114 Freiburg
Wissenschaftliche Begleitung
Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung
Freiburger Institut für angewandte Sozialforschung
Homepage
Laufzeit
01.10.2003 - 30.04.2008
Kurzdarstellung des Projektes
In sieben Regionen der Bundesrepublik sollten insgesamt bis zu 900 Personen die Chance erhalten, das "Persönliche Pflegebudget" zu erhalten. Eine ebenso große Vergleichsgruppe sollte es möglich machen, die Wirkungen des Pflegebudgets zu analysieren. Träger des Projektes war die Evangelische Fachhochschule Freiburg, Arbeitsschwerpunkt Gerontologie & Pflege unter der Leitung von Prof. Dr. Thomas Klie. Die wissenschaftliche Begleitforschung wurde von einem Forschungsverbund getragen. Zu ihm zählten das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) und das Freiburger Institut für Angewandte Sozialforschung (FIFAS).
In der Behindertenhilfe wurden Budgets bereits länger als Persönliches Budget erprobt. In der gesetzlichen Krankenversicherungen sind Patientenbudgets im Rahmen der Integrierten Versorgung möglich. Für die Pflegeversicherung haben sowohl die Herzog- als auch die Rürup-Kommission die Erprobung von Budgets empfohlen. Dies sollte mit diesem Projekt geschehen. § 8 Abs. 3 SGB XI eröffnete die Möglichkeit zu einem der bisher größten leistungsrechtlichen Experimente im Bereich der Pflegeversicherung.
Mit der Einführung des Personenbezogenen Pflegebudgets waren bestimmte Erwartungen verbunden. Zu ihnen gehörten:
- Flexibilisierung der Leistung der Pflegeversicherung und damit verbunden die bessere Berücksichtigung von bisher vernachlässigten Wünschen und Bedürfnissen Pflegebedürftiger, besonders von Menschen mit Demenz.
- Die Stützung häuslicher Pflege und Betreuung und damit verbunden die Vermeidung vorzeitiger Heimaufnahme.
- Unterstützung der Autonomie Pflegebedürftiger und ihrer Angehörigen und Stärkung ihrer "Kunden"-Position.
- Impulse für eine Weiterentwicklung der pflegerischen und betreuerischen Infrastruktur im Bereich der häuslichen Versorgung.
Mit dem Persönlichen Pflegebudget sind eine Reihe von Fragen verknüpft, die untersucht werden sollen:
- Wie kann die Qualität der Pflege und Betreuung sichergestellt werden, wenn der Pflegemarkt partiell dereguliert wird?
- Wie kann dem Missbrauch von Leistungen der Pflegeversicherung (so genannte Moral Hazard-Effekte) vorgebeugt werden?
- Welchen Einfluss hat ein Persönliches Budget auf die Pflege und auf die Lebensqualität Pflegebedürftiger und pflegender Angehöriger?
- Stimuliert das Persönliche Pflegebudget gemischte Pflegearrangements, an denen sich auch bürgerschaftlich Engagierte beteiligen?
- Für welche Bevölkerungsgruppen ist das Personenbezogene Pflegebudget besonders interessant?
Diesen Fragen sollten im Laufe des auf fünf Jahre angelegten Projektes systematisch nachgegangen werden.
Das Pflegebudget wurde als Geldleistung in Höhe der Sachleistung je Pflegestufe ausgezahlt und sollte zum Einkauf von Care-Leistungen dienen. Sowohl die Pflegebedürftigen als auch die Pflegedienste waren beim Pflegebudget vom Verrichtungsbezug des § 14 SGB XI befreit. Das Leistungsspektrum konnte damit ausgeweitet und dem individuellen Bedarf und den Bedürfnissen angepasst werden. Für den Wert der bisherigen Sachleistungen in Geld sollten sich Pflegebedürftige, begleitet durch verbindliches Case Management, individuell ihre Leistungspakete zusammen stellen, ggf. aufgestockt durch eigene Mittel und ergänzende Leistungen der Sozialhilfe. Unberührt blieben Leistungen der Häuslichen Krankenpflege, aber auch Leistungen der Eingliederungshilfe.
Der Einkauf von Care-Leistungen war grundsätzlich frei. Er war nicht beschränkt auf zugelassene Pflegedienste. Auch die Preise waren nicht vorgegeben. Gleichwohl gab es Restriktionen. Das Pflegebudget durfte nicht eingesetzt werden für die Entlohnung von Angehörigen und ebenso wenig für Schwarzmarktleistungen. Um die Qualität der Pflege und Betreuung sicher zu stellen, auch um die Pflegebedürftigen überhaupt in die Lage zu versetzen, das Pflegebudget einzusetzen, die notwendigen Aushandlungen mit den Pflegediensten vorzunehmen, wurden Case Manager eingesetzt. Diese erhoben im Rahmen eines Assessments den Hilfe- und Betreuungsbedarf, stellten Qualität der Pflegesituation sicher und halfen abgestimmte, den individuellen Bedarfen und Bedürfnissen entsprechende Hilfen zu bieten..
Generell richtete sich das Pflegebudget an alle Personen, die im Leistungsbezug des SGB XI stehen. Grundsätzliche Voraussetzung war also die Begutachtung und eine entsprechende Pflegeeinstufung. Primär richtete sich das Pflegebudget an folgende Teilnehmer:
- Alle Erstantragsteller
- Alle Personen welche ambulante Dienste über § 36 SGB XI in Anspruch nehmen
- Alle Kombileistungsnehmer, deren Sachleistungsanteil bei mindestens 90 % liegt
- Alle im Sachleistungsbezug Stehenden
- Alle Personen, die nach Krankenhausentlassung aufgrund einer Schnelleinstufung leistungsberechtigt sind.
Zusätzlich zu diesem Personenkreis konnten in zwei Regionen (Landkreis Neuwied, Stadt Erfurt) auch Geldleistungsbezieher aufgenommen werden. Ausgeschlossen war der Leistungsbezug des Pflegebudgets für die Gruppe der so genannten Pflegestufe 0 und einen Teil der Bezieher von Kombi-Leistungen nach § 38 SGB XI. Kombileistungsnehmer, deren Sachleistungsanteil geringer als 90 % der Sachleistung ausfiel, hatten ebenfalls keinen Anspruch auf das Pflegebudget. Auch Versicherte der Privaten Pflegeversicherungen konnten an dem Projekt nicht teilnehmen. Alle Interessenten für die Leistungen des Pflegebudgets wurden in einem randomisierten Verfahren der Programmgruppe bzw. der Vergleichgruppegruppe zugewiesen. Insofern bestand für alle Interessenten lediglich eine Chance von 50 %, auch tatsächlich Pflegebudgetleistungen zu erhalten.
Projektergebnisse
Ausführliche Ergebnisse des Modellvorhabens können dem Endbericht unter Dokumente und Links entnommen werden.