Einführung und Weiterentwicklung des Personalbemessungsverfahrens in der Pflege (Modellprogramm nach § 8 Abs. 3b SGB XI)

Eine junge Pflegerin und ein junger Pfleger im Gespräch

Mit dem Inkrafttreten des Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz (GPVG) wurde das neue Modellprogramm gemäß § 8 Absatz 3b SGB XI zur wissenschaftlich gestützten Weiterentwicklung der Personalbemessung in der vollstationären Pflege und Weiterentwicklung der ambulanten Pflege beim GKV-Spitzenverband eingerichtet.

Modellprogramm Personalbemessung in der stationären Langzeitpflege

Ein wesentlicher Inhalt des laufenden Modellprogramms ist die wissenschaftliche Begleitung der Einführung und Weiterentwicklung des von der Universität Bremen vorgelegten Verfahrens zur einheitlichen Bemessung des Personalbedarfs in vollstationären Pflegeinrichtungen. Ein weiterer zentraler Bestandteil des Modellprogramms ist zudem die Entwicklung und Erprobung eines Konzepts zum qualifikationsorientierten Personaleinsatz in der stationären Langzeitpflege.

Die Umsetzung des Modellprogramms zur wissenschaftlich gestützten Weiterentwicklung der Personalbemessung in der vollstationären Pflege ist 2022 gestartet. Inzwischen wurden die zehn an der Erprobung des Personalbemessungsverfahrens teilnehmenden Pflegeinrichtungen ausgewählt. Erste Datenerhebungen wurden bereits durchgeführt und seit August 2023die Überführung des Konzepts zum qualifikationsorientierten Personaleinsatz in die Praxis statt.

Das von der Universität Bremen 2020 vorgelegten Personalbemessungsverfahren ermöglicht es, den Bedarf an Pflegefachpersonen sowie Pflegehilfs- und Pflegeassistenzkräften in vollstationären Pflegeeinrichtungen abhängig von der Verteilung der Pflegegrade der jeweiligen Bewohnerinnen und Bewohner zu berechnen. Für die wissenschaftliche Begleitung der Einführung und Weiterentwicklung des Personalbemessungsverfahrens wurden zwei Projektteile ausgeschrieben und im Rahmen eines europaweiten Verfahrens vergeben.

Im ersten Projektteil sind die Entwicklung eines Konzepts für einen qualifikationsorientierten Personaleinsatz in der stationären Langzeitpflege und begleitende Maßnahmen der Organisations- und Personalentwicklung sowie der Digitalisierung und des Technikeinsatzes Gegenstand. Dieses Konzept wird anschließend in der Praxis erprobt. Hierfür erhalten die an dem Modellprogramm beteiligten Pflegeeinrichtungen eine Personalausstattung, die sich an den bisherigen Projektergebnissen der Universität Bremen orientiert. Basierend auf den Erkenntnissen des Modellprogramms wird zudem eine Strategie entwickelt, um das erprobte Konzept bundesweit zu implementieren.

Im zweiten Projektteil wird begleitend eine umfangreiche Evaluation des im ersten Projektteil entwickelten Konzepts zur qualifikationsorientierten Aufgabenverteilung unter Einbeziehung der Kriterien Qualität der pflegerischen Versorgung und Zufriedenheit der Mitarbeitenden erfolgen. Abschließend wird vor dem Hintergrund der Evaluation das von der Universität Bremen im Jahr 2020 vorgelegte Verfahren zur einheitlichen Bemessung des Personalbedarfs in vollstationären Pflegeinrichtungen weiterentwickelt.

Am 28. November 2022 wurden die Zuschläge erteilt. Der erste Projektteil wurde an ein Konsortium aus Universität Bremen, contec - Gesellschaft für Organisationsentwicklung mbH und Hochschule Bremen vergeben. Der zweite Projektteil wurde an eine Bietergemeinschaft bestehend aus der Universität Bremen und dem aQua - Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH vergeben.

Handreichungen zur Personal- und Organisationsentwicklung in der stationären Langzeitpflege

Das vom Gesetzgeber beschlossene bundesweite Personalbemessungsverfahren wird in mehreren Personalausbaustufen umgesetzt. Im Rahmen der aktuellen Personalausbaustufe (vgl. § 113c Absatz 1 SGB XI) kann seit dem 1. Juli 2023 eine höhere Personalausstattung in stationären Pflegeinrichtungen vereinbart werden. Die Kompetenzen der zusätzlichen Pflegepersonen sollen bestmöglich zugunsten der Versorgung der Pflegebedürftigen eingesetzt werden. Daher sieht der Gesetzgeber ergänzende Maßnahmen zur Personal- und Organisationsentwicklung in vollstationären Pflegeinrichtungen vor, um eine qualifikationsorientierte Aufgabenverteilung in der Organisation sicherzustellen.

Zur Unterstützung von Pflegeinrichtungen, welche bereits erste Schritte in Richtung einer stärker qualifikationsorientierten Aufgabenverteilung gehen wollen, liegen nun erste Hinweise aus dem ersten Projektteil zum kompetenz- und qualifikationsorientierten Personaleinsatz vor. Diese Handreichung kann untenstehend abgerufen werden.

Da es sich bei dem Mehrpersonal, welches gemäß § 113c Absatz 1 SGB XI vereinbart werden kann, neben Pflegefachpersonen insbesondere um Pflegehilfs- und Pflegeassistenzkräften handelt, wird sich das Verhältnis zwischen den unterschiedlichen Qualifikationen verändern. Daher ist eine grundsätzliche Weiterentwicklung der bisherigen Rollen- und Aufgabenverteilung in der stationären Langzeitpflege erforderlich. Ziel des Verfahrens ist, die erforderliche Personalmenge anhand der Bewohnerstruktur nach Qualifikationen zu ermitteln und in Verbindung mit Organisationsentwicklungs- und Personalentwicklungsprozessen eine qualifikationsorientierte Pflege zu gestalten.

Viele vollstationäre Pflegeeinrichtungen haben ein großes Interesse die qualifikationsorientierte Aufgabenverteilung schon jetzt in der Praxis umzusetzen. Eine derartige Weiterentwicklung stationärer Pflegeinrichtungen erfordert unter anderem veränderte Abläufe von Pflege- und Kommunikationsprozessen sowie Maßnahmen zur Personal- und Organisationsentwicklung. Zur Unterstützung beim Einstieg in die veränderte Aufgabenverteilung wurde ein Vorbereitungskonzept als Handreichung im Rahmen des Modellprojekts erarbeitet. Auf Grundlage der Erkenntnisse aus der Erprobung wird ein überarbeitetes Konzept für alle Pflegeeinrichtungen nach Beendigung des Modellprograms vorgelegt.

Modellprogramm Weiterentwicklung der ambulanten Pflege

In einem weiteren Projekt sollen für die ambulante Pflege neue Modelle der Arbeitsorganisation für eine wohnortnahe ambulante pflegerische Versorgung mit einem veränderten, kompetenzorientierten Personalmix entwickelt und etabliert werden. Ziel ist die wissenschaftlich gestützte Weiterentwicklung der ambulanten Versorgung.

Das Modellprogramm Personalbemessung in der vollstationären Pflege und Weiterentwicklung der ambulanten Pflege ist auf den Zeitraum bis Mitte des Jahres 2025 befristet. Die Umsetzung erfolgt im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und wird durch ein Begleitgremium beraten.

Dokumente und Links